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Bohren in Formosa

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Vor kurzem sprach ein Amerikaner in führender Stellung zum erstenmal über Zusammenhänge zwischen dem Krieg in Indochina und Erdölfragen in Ostasien; es war dies William Busk, der in Abrede stellte, daß die amerikanische Präsenz in Süd- ostasien mit Erdölfragen direkt Zusammenhänge. Seinen Erklärungen folgten in der japanischen Presse Hinweise, denenzufolge ein führen der amerikanischer Erdölkonzern gemeinsam mit japanischen Firmen die Erschließung ergiebiger Erdölvorkommen im indochinesischen Raum vorbereite.

Amerikanische Diplomaten sollen in privaten Gesprächen der Meinung Ausdruck gegeben haben, daß eine solche Erschließung zu einer willkommenen Stärkung der durch dgn allmählichen Rückzug der USA aus Indochina gefährdeten südvietname- sischen Wirtschaft führen könnte. Gleichzeitig erfährt man aus Saigon, daß dort bald nach dem Bekanntwerden dieser Nachricht nicht weniger als 28 Eidölflrmen verschiedener Länder ihr Interesse an einer Beteiligung am südvietnamesi’schen Ölgeschäft bekundet haben.

Trotz mancher gegenteiliger Behauptungen spielt die Erdölfrage im Fernen Osten eine gewaltige Rolle. Auch in formosanahen Gewässern wird jetzt die Erschließung ausgedehnter ödgebiete unter dem Meeresboden in Gang gesetzt, was zu unerwartet großen Spannungen zwischen Japan und Nationalchina geführt hat. Japan erhebt Anspruch auf einen Teil dieser Erdölgebiete im Bereich der Tiao-Yu-tai-Inseln, der von Taipeh mit dem Hinweis, sie befänden sich seit den Jahren der Ming-Dynastie unter chinesischer Oberhoheit, ener-

gisch zurüdcgewiesen wird. Vor kurzem fanden sogar in New York Demonstrationen und Protestaktionen nationalchinesischer Studenten statt, „um die Welt darauf binzuwe’:- sen, daß diese Inseln zum national- chinesischen Territorium gehören”.

36 Milliarden

Die Inseln — insgesamt nur einen Quadratkilometer groß und prak-

tisch unbewohnt — liegen inmitten eines Teiles des riesengroßen submarinen Erdölgebietes in formosanahen Gewässern, dessen Größe auf das Flächenausmaß der Bundesrepublik Deutschland geschätzt wird. Vier große amerikanische ölflrmen sind bereits mit großen Bohrschiffen an Ort und Stelle.

Wie erst kürzlich der rotchmesische Generalstabschef bei einem Besuch in Nordkorea bestätigte, ist „Taiwan der springende Punkt in den amerikanisch-rotchinesischen Beziehungen” und das .größte Hindernis, das ihrer Verbesserung im Wege steht. Und nicht nur die an der Erschließung der formosanahen ölgebiete mit bedeutenden Investitionen direkt interessierten amerikanischen Ölkonzerne, sondern auch Regierungs- kreise in Taipeh registrieren mit zunehmender Besorgnis die Neigung gewisser US-Kreise, Washington zu einer Rotchina-freundlicheren Politik zu bringen.

Die Inves tition smöglichkei ten im ostasiatischen Ölgeschäft sind vom politischen Geschehen eminent abhängig. Schon im Vorjahr schätzte David Rockefeller ihr gewaltiges Ausmaß für die nächsten zehn Jahre auf den Riesenbetrag von 36 Milliarden Dollar.

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