6944673-1983_40_09.jpg
Digital In Arbeit

Der Ruhelose

Werbung
Werbung
Werbung

Wenn man sich heute erinnert, zehn Jahre nach Monsignore Otto Mauers Tod, Verlassen der Kunstszene, dann werden sich nur wenige darüber klarwerden, auf welches provinzielle Niveau Wien, der erste Bezirk, zurückgefallen ist.

Natürlich hat nicht Mauer allein, indem er einer Galerie Welt-

geltung verschaffte, der Stadt Rang verschafft, da lebten noch Wotruba und Boeckl, da lebten noch Doderer und A. P. Gütersloh, dieser vielleicht der letzte, der den windigen Wienern Aufmerksamkeit abzwang, (kaum Verständnis), ja, das war es bei Monsignore: er zwang die Wiener zum Zuhören und es gelang ihm sogar die Rasselbande vom Typ „junger Künstler“, die ja wirklich in den Anfangsjahren nach dem Krieg oft eine lärmende Bande war, er sah geduldig darüber hinweg, es gelang ihm, jene die zur Packlraß’ wurden, zum Denken zu bringen.

Unruhig unter Unruhigen, rastlos (er schlief bei einem Gespräch,

bei dem einer etwas Akademisches vortrug, einfach ein), immer aufs Neue versessen — die Bestände seiner Sammlung in der Ausstellung der Albertina geben nur unvollständig Auskunft — neugierig, er hatte unter den Kritikern die feinste Nase, der hier sich Erinnernde hat es erlebt, einmal, als er mit ihm gemeinsam die Pavillons der Venediger Biennale durchstreifte und jeder auf die Zeigerausschläge des anderen horchte, das Beste herausspürend, das Ungewöhnliche, offen für Neues: seinem scharfen Intellekt würde die Ausstellung in der Akademie „Kunst für und ohne Kirche“ entsprechen, nicht jedoch jene im Rathaus; er hat den Findenden, nicht den Suchenden ein „Heim“ verschafft, das eher ein Pferch war zwischen zwei Strebepfeilern am Chor von St. Stephan, wo er die durcheinander laufenden Schäflein versammelte, Gläubige und Andersdenkende, „nächst“ St. Stephan mit peitschender Rede durchrüttelte und seine Menschlichkeit hinter dem nasalen Ton und oft höhnisch, so weit konnte er gehen, versteckte. Der Autor war Gründer des Museums des 20. Jahrhunderts und Landeskonservator des Burgenlands.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung