6955418-1984_27_15.jpg
Digital In Arbeit

Die große Chance

Werbung
Werbung
Werbung

Vor einigen Wochen hatte ich einen Gedankenaustausch mit Mitarbeitern des Instituts der Deutschen Wirtschaft in Köln. Die Diskussion drehte sich — man stand gerade am Beginn der Streiks in der deutschen Metallindustrie — in erster Linie um die 35-Stunden-Woche und das soziale Klima.

Im Zuge unseres Gesprächs las ich den deutschen Kollegen auch die Beschlüsse des letzten ÖGB-Kongres-ses zur Arbeitszeitverkürzung vor — und löste damit ungläubiges Staunen aus: ,J)as steht wirklich in einem Gewerkschaftspapier? Das liest sich ja wie das Verhandlungsangebot unserer Arbeitgeberverbände!"

Ich glaube, daß diese Szene sehr gut zeigt, warum es in Österreich immer, ungeachtet aller Dallingerschen Verbalkraftmeiereien, ziemlich unwahrscheinlich war, daß es in der Frage der Arbeitszeitverkürzung zu einem Arbeitskampf wie in der BRD kommt.

Erfreulicherweise hat sich in Österreich keiner der beiden Tarifpartner eingegraben: Die Gewerkschaft beharrt nicht auf eine undifferenzierte Arbeitszeitverkürzung mit vollem Lohnausgleich und betont in den zitierten Beschlüssen ausdrücklich, daß auf die internationale Konkurrenzfähigkeit der österreichischen Wirtschaft Bedacht zu nehmen ist. Die Arbeitgeberseite ist nicht stur gegen jede Arbeitszeitverkürzung, sondern verlangt nur, daß sie kostenneutral sein muß, auf die, jeweilige Branchensituation und die internationale Entwicklung Rücksicht nimmt, und forciert im übrigen eine flexible Arbeitszeitregelung.

Wiewohl auf Expertenebene auch auf der Arbeitnehmerseite die Vorzüge einer flexiblen Arbeitszeitregelung anerkannt werden, ist die offizielle Haltung von ÖGB und Arbeiterkammer bisher eher ablehnend. Vor allem aus Gründen der Mentalität, wie ich glaube: Noch glaubt man, es vor den Mitgliedern nicht vertreten zu können, der Unternehmerseite den „Gefallen" zu tun, sich ihren Produktionserfordernissen anzupassen.

Den meisten Arbeitnehmern (aber vielleicht auch vielen Arbeitgebern!) fehlt bisher auch die Vorstellung, wie die beschworenen flexiblen Arbeitszeitregelungen konkret aussehen und welche Vorteile sie bringen könnten. Die Gleitzeit als eine Form flexibler Arbeitszeitregelung ist zwar im Vormarsch, insgesamt aber noch wenig verbreitet (und — streng genommen — ungesetzlich).

Es wäre daher jetzt ein guter Zeitpunkt, mit einer umfassenden Information über Inhalt und Wesen von flexiblen Arbeitszeitregelungen zu beginnen.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung