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Die universelle Nation

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Die am schnellsten wachsenden Bevölkerungsgruppen der Vereinigten Staaten sind die Minoritäten. Ihre Zahl wuchs in der letzten Dekade - zwischen 1980 und 1990, so ergab jetzt die Analyse der Volkszählung von 1990 - gerade zu dramatisch, was zu einer Verschiebung der ethnischen Bevölkerungsstruktur führt, wie sie im 20. Jahrhundert einmalig ist. Die Minoritäten nahmen doppelt so schnell wie in den siebziger Jahren zu, sodaß heutzutage jeder fünfte Amerikanereinen Minoritäten-Back-ground aufweist.

Die Volkszählung ergab, daß 1990 auf dem Territorium der USA 248,7 Millionen Menschen lebten (in Übersee zusätzliche 900.000). Die übergroße Mehrheit der Amerikaner hatte sich bei der Volkszählung als Weiße bezeichnet, etwas über zwölf Prozent sind Schwarze, spanischer Abstammung (Hispanics) sind etwa neun Prozent, drei Prozent sind Asiaten, 0,8 Prozent Indianer. Die realen Zahlen und die Zuwächse sprechen ein weitaus deutlicheres Bild:

So leben in den USA rund 30 Millionen Schwarze, verglichen mit der Volkszählung von 1980 ist das eine Zunahme um 13,2 Prozent. Die Zahl der Amerikaner hispanischer Abstam-mung wurde mit 22,4 Millionen ermittelt, was einem Plus - immer verglichen mit 1980- um 53 Prozent entspricht. Die Zahl der Amerikaner asiatischer Herkunft wuchs in den besagten zehn Jahren um 107,8 Prozent auf nunmehr 7,3 Millionen. Die indianische Bevölkerung nahm um 37,9 Prozent auf nunmehr etwa zwei Millionen zu. 9,8 Millionen Menschen stuften sich unter „verschiedenrassig" ein.

Die Folgen für die Vereinigten Staaten sind nur schwer abzuschätzen. Sicher ist dies: Von einem „Schmelztiegel" kann schon lange, nun aber erst recht nicht mehr die Rede sein, weil sich die verschiedenen Gruppen meist völlig unabhängig, separat voneinander entwickeln. Ben J. Wattenberg, Demograph und Autor zugleich, trifft deshalb die Feststellung: „Wir erleben wohl in den USA das Heranwachsen der ersten wirklich universellen Nation. Das wird zu einem gewissen Aufruhr führen, aber insgesamt stufe ich das auch als einen unglaublichen poetischen Sachverhalt ein."

Mehr als 80 Prozent der Neu-Ein-wanderer haben keinen europäischen Background, und die neuästen Einwanderungsgesetze werden den europäischen Einwanderer-Anteil weiter schrumpfen lassen:

Wie Amerika immer weniger zum vielgepriesenen Schmelztiegel wurde, belegen diese Tatsachen:

In den Bundesstaaten New Mexico und Kalifornien könnten die Weißen, die ke*inen Latino-Background haben, schon im Jahre 2000 zur Minderheit geworden sein. Am bemerkenswertesten dabei sind die Wandlungen in Kalifornien. Dort waren noch 1980 zwei Drittel der Bevölkerung Weiße rein europäischer Herkunft. Ihr Anteil war 1990 auf 57 Prozent geschrumpft, und der entsprechende Trend beschleunigte sich seitdem noch. Von den knapp 30 Millionen Kalifomiem sind etwa 13 Millionen Angehörige von Minoritäten. 35 Prozent aller in den USA lebenden Hispanics wohnen in Kalifornien, das gleiche trifft für 39 Prozent der Amerikaner asiatischer Herkunft zu. Vergleichbare Entwicklungen - wo die Minoritäten stark zunehmen - werden in Texas und Florida registriert.

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