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Gäste und Nachbarn

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Ein polnisches Sprichwort lautet: „Ein Gast im Hause heißt Gott im Hause.” Dieses läßt sich jedoch schwerlich auf die seit 40 Jahren in Polen stationierten Sowjettruppen beziehen. Die unwillkommenen Gäste zögern beim Verlassen des Landes. Das hat sogar das US-amerikanische Außenministerium in Erstaunen gesetzt. Die Sprecherin des US-Außenamtes, Margaret Tutwiler, hat kürzlich bemerkt, daß der Abzug der Roten Armee aus der CSFR und aus Ungarn 1991 endet.

In Polen beginnt man st heuer mit diesem Unternehmen. Die Räumung Polens von Sowjettruppen soll laut einer Erklärung Moskaus 1994 abgeschlossen sein. Polens Außenminister Krzysztof Skubiszews-ki hat jüngst daran erinnert, daß gemäß internationalem Recht zur Stationierung fremder Truppen auf dem Gebiet eines Staates die fortdauernde, ununterbrochene Bewilligung dieses Staates erforderlich sei.

Diese Angelegenheit ist auch unter einem anderen Gesichtspunkt für Polen wichtig. Das Land an der Weichsel möchte schon in diesem Jahr an den Arbeiten der sogenannten Pentagonale (Ungarn, CSFR, Österreich, Jugoslawien und Italien) teilnehmen. Eine fortdauernde Truppenstationierung der Sowjets in Polen wäre solcher Zusammenarbeit äußerst hinderlich. Sie wäre auch umso mehr eine unangenehme Tatsache, je deutlicher sich die (etwas angeschlagenen) polnisch-tschechoslowakischen Beziehungen verbessern. Mit kommendem 1. März wird der sogenannte „kleine Grenzverkehr” zwischen Polen und der CSFR wiederhergestellt werden. An dieser positiven Entwicklung hat Präsident Vaclav Havel einen starken Anteil. Auch das polnisch-tschechoslowakisch-ungarische Gipfeltreffen in Visegräd (siehe nebenstehenden Beitrag) eröffnet neue politische Perspektiven.

Ein krampfhaftes Festhalten der sowjetischen Heerführung an schon im voraus zum Scheitern verurteilten Positionen würde der Stabilisierung der politischen Situation in diesem Bereich abträglich sein. Wie das Beispiel Litauen zeigt, ist in Europa praktisch kein Platz mehr dazu.

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