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Giovannis Elend

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(Wiener Festwochen, Theater an der Wien; „Don Giovanni" von W. A. Mozart) Intellektuell, vergrübelt, als vom Erfolg verwöhnter altern- der Weiberheld, dem seit dem fre- chen Mord am Komtur alles schief geht und der in eiskalte Brutalität flüchtet: So präsentiert sich Mo- zarts „Don Giovanni" in Luc Bon- dys Inszenierung und unter Clau- dio Abbados musikalischer Leitung.

Der Analytiker Abbado verstrickt sich bei seinem „Don Giovanni"- Debüt in eigenwillige Tempi, be- reitet das Werk sozusagen kleintei- lig auf, läßt aber den kühnen Bogen vermissen. Das Dramma giocoso ist minuziös realisiert, aber ein Puzzle der Gefühle, in dem die warm leuch- tenden, menschlichen, ja fröhlichen Töne weitgehend fehlen.

Hinter der düster leuchtenden Klangoberfläche stoßen Bondy und Abbado in tiefliegende Schichten vor. Der Thriller voll erbarmungs- loser Konsequenz gibt dem Gio- vanni Ruggero Raimondis Züge eines alternden Großstadtwolfes (stimmlich bleibt er leider alle Bravour schuldig). Voll von ver- krampfter Liebe kann sich die El- vira von Karita Mattila nur in Haß und Rachsucht verwirklichlichen. In den Seelenqualen der berückend schön singenden Donna Anna Che- ryl Studers stilisiert diese die Figur zur Salonheroine. Marie McLaugh- lins verführerische Zerlina, Lucio Gallos Leporello, Hans Peter Bloch- witz' Ottavio, Carlos Chaussons Masetto und Anatolij Kotschergas Komtur bieten noble Leistungen.

Regisseur Bondy hat alle Sehn- süchte, Begierden und Ängste zu einem kunstvollen Netz der Bezie- hungen verflochten, in dem der müde gewordene Giovanni sich verfängt.

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