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Metamorphosen

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Am Anfang war ein Roman von Patrick Dennis, der so erfolgreich war, daß Jerome Lawrence und Robert E. Lee daraus ein Bühnenstück machten, das jahrelang am Broadway lief, „Auntie Marne“, 1955 bis 1957 von Rosalind Russell kreiert, dann nachgespielt von Greer Gar-son; 1958 wurde dann der gleichnamige danach gedrehte Film (ebenfalls mit der Russell) uraufgeführt und etwa zehn Jahre später machte Jerry Herman, Erfolgskomponist von „Hello, Dolly!“ daraus ein Musical, mit dem Angela Lansbury am Broadway so begeisterte, daß danach wieder ein Film gedreht wurde (im Vorjahr erstaufgeführt), in dem Lu-cille Ball nunmehr Triumphe feiert — die Geschichte des Films „Marne“, der jetzt im Burgkino gezeigt wird und von niemandem versäumt werden sollte.

Ja, zugegeben, der Film (oder das Musical) ist ziemlich konservativ gemacht, die Story ist reichlich sentimental, und auch das ist wahr. Hektik und irres Tempo fehlen; nur — muß das Gegenteil von all dem gut, auch nur besser sein? Beileibe nicht: „Marne“ ist eine hinreißend — !bezaubernd — herzliche, aber auch exzentrische Geschichte mit einigen Songs, die ins Ohr gehen (so das Titellied nach der Fuchsjagd, das Anfangslied „öffne ein Fenster“ und noch mehr), mit einer Choreographie, die grandioseste Broadway-Routine dokumentiert, auf die ein Ziegneid stolz sein würde (das Ballett nach der Jagd in den drei Farben Schwarz-weiß-rot und seiner tänzerischen Auflösung verdient einen „Oscar“!), und mit Lucille Ball —- es sei nicht verschwiegen, sie ist 1911 geboren —, die soviel jugendliches Temperament, soviel Charme, Liebenswürdigkeit, Herzlichkeit und darstellerisches Können besitzt, daß es wohl niemanden gibt, der nicht diese hinreißende Tante Marne lieben würde! Darum bitte: Versäumen Sie dieses seltene Filmmusicalereignis nicht, das noch dazu in der englischen Originalfassung gezeigt und so zu einem besonderen Genuß wird!

Ingmar Bergmans „Passion“ aus dem Jahr 1970 — gute Filme brauchen immer sehr lang, bis wir sie zu sehen bekommen — kommt nun endlich (nein, nicht ins Fernsehen, dazu war wohl der Erfolg von „Szenen einer Ehe“ zu groß!) in unsere Kinos und es ist ja wohl klar, daß kein Bergman-Anhänger dieses Kompendium von Gedanken und Komplexen des schwedischen Meisters (über die Frauen, die Ehe, Gott, die Einsamkeit usw. — auch ein wenig Vietnam ist dabei, das war 1970 gerade „in“), dessen Filme wie selten die eines anderen Regisseurs eine Linie bilden, versäumen darf und wird. Übrigens: Die Farbgestaltung, meist in kaltem Grau-blau-

grün, ist noch nicht so raffiniert wie in „Schreie und Flüstern“...

Durchaus nicht uninteressant ist auch der japanische Science-fiction-Film „Weltkatastrophe 1999?“, der weit eher auf das Genre des utopischen Horrors vor der Atombombe und deren Auswirkungen (wie „God-zilla“!), hier noch, ergänzt und vermehrt durch die Erkenntnisse der

modernen Wissenschaft um die furchtbaren Gefahren der Umweltverschmutzung, Überbevölkerung, Nahrungsmittelknappheit und Klimaveränderung durch Naturveränderung, Technisierung und Industrialisierung, zurückzuführen ist als auf die Welle der amerikanischen Katastrophenfilme. Wenn manches auch naiv, fast komisch und etwas primitiv erscheinen mag, so ist das Thema doch absolut ernst gemeint und die positive Tendenz, die zum Nachdenken anregt, begrüßenswert.

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