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Warum wird die Erklärung 1988 verkürzt?

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In seinem Pastoralschreiben über „25 Jahre seit Humanae vitae” übt der St. Pöltner Diözesanbi-schof scharfe Kritik an der „Maria Troster Erklärung” vom 22. September 1968. Die Erklärung aus dem Jahr 1988 allerdings, die er selbst mitunterschrieben hat, und in der sich die österreichischen Bischöfe gegen eine mißbräuchliche Berufung auf das Gewissen aussprechen, erwähnt er nur beiläufig und außerdem höchst selektiv.

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In seinem Pastoralschreiben über „25 Jahre seit Humanae vitae” übt der St. Pöltner Diözesanbi-schof scharfe Kritik an der „Maria Troster Erklärung” vom 22. September 1968. Die Erklärung aus dem Jahr 1988 allerdings, die er selbst mitunterschrieben hat, und in der sich die österreichischen Bischöfe gegen eine mißbräuchliche Berufung auf das Gewissen aussprechen, erwähnt er nur beiläufig und außerdem höchst selektiv.

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„Der Versuch, ein irrendes und im Widerspruch zur Lehre der Kirche stehendes Gewissen als rechtes Gewissen dennoch zuzulassen und ihm eine gewisse allgemeine und objektive Gültigkeit zuzugestehen, war die bedauerliche Inkonsequenz der sogenannten .Maria-Troster-Erklärung' der österreichischen Bischöfe vom 22. September 1968”, kritisiert Bischof Krenn in seinem Pastoralschreiben vom 25. Juli 1993. Lob zollt er aber der Wertschätzung der Erklärung für das hohe Ideal der Ehe. Allerdings:

...inkonsequenter Satz...

„Leider wurden diese Aussagen der Bischöfe inzwischen fast völlig vergessen, weil ein inkonsequenter und widersprüchlicher Satz in der Maria-Troster-Erklärung eine ungerechtfertigte Ausnahme zur Regel werden ließ und seither die Maria-Troster-Erklärung als Dokument des Dissenses zu Humanae vitae gelten läßt.” Mit anderen Worten: Kurt Krenn stimmt dem Punkt II der Maria Troster Erklärung (siehe Kasten) weitgehend zu, als „verunglückte Legitimierung des irrenden Gewissens” bezeichnet er hingegen den (folgenden) letzten Absatz von Punkt II:

„Da in der Enzyklika kein unfehlbares Glaubensurteil vorliegt, ist der Fall denkbar, daß jemand meint, das lehramtliche Urteil der Kirche nicht annehmen zu können. Auf diese Frage ist zu antworten: Wer auf diesem Gebiet fachkundig ist und durch ernste Prüfung, aber nicht durch affektive Übereilung zu dieser abweichenden Überzeugung gekommen ist, darf ihr zunächst folgen. Er verfehlt sich nicht, wenn er bereit ist, seine Untersuchung fortzusetzen, und der Kirche im übrigen Ehrfurcht und Treue entgegenzubringen. Klar bleibt jedoch, daß er in einem solchen Fall nicht berechtigt ist, mit dieser seiner Meinung unter seinen Glaubensbrüdern Verwirrung zu stiften.”

Fest steht: Die Bischöfe Österreichs haben nicht das „irrende Gewissen legitimiert”, wie Krenn den damaligen Unterzeichnern der „Maria Troster Erklärung” vorwirft, sondern gerade vor einer „affektiven Übereilung” in der Gewissensbildung ausdrücklich gewarnt.

Schon in der Maria Troster Erklärung klagten die Bischöfe über die

Verkürzungen von Humanae vitae seitens der Medien: „Wir bedauern, daß die Berichterstattung weitgehend von der Frage der Pille beherrscht und daß weder das hohe Eheideal der Enzyklika entsprechend gewürdigt, noch auch die Erlaubtheit therapeutischer Mittel genügend erwähnt wurde.” Und: „Wir empfehlen allen Katholiken, den Text des Rundschreibens aufmerksam zu lesen.”

Erklärung aus dem Jahr 1988

Aufschlußreich ist die „Erklärung der Österreichischen Bischofskonferenz” von 1988, dieder damalige Wiener Weihbischof Kurt Krenn mitunterschrieben hat:

„Die Bischöfe Österreichs haben die Enzyklika (Humanae vitae, Anm. d. Red.) in einer eigenen Erklärung begrüßt (22.September 1968) und das dort gezeichnete ,hohe Leitbild der Ehe', dankbar gewürdigt. Die Bischöfe Österreichs stehen selbstverständlich auch heute, beseelt von der Treue zum Petrusamt, zu dieser Lehre des Papstes. Einige Stellen in dieser Erklärung wurden freilich mißdeutet, was zu einer bedenklichen Entwicklung in der Praxis geführt hat. Es konnte nicht die Absicht dieser Erklärung sein, den damals beschriebenen Fall einer von .Humanae vitae' abweichenden Überzeugung (Punkt II) als eine allgemeine Erlaubnis zur Anwendung aller empfängnisverhütenden Mittel deuten zu lassen.” Nochmals rufen die Bischöfe in dieser Erklärung aus dem Jahr 1988 den berühmten Punkt II in Erinnerung.

Was Krenn 1993 verschweigt

In seinem Hirtenschreiben vom 25. Juli 1993 geht der St. PöltnerOberhir-te - mißverständlich und verkürzend - auf diese Erklärung aus dem Jahr 1988 ein: „Am 29. März 1988 haben die Bischöfe Österreichs eine weiterführende Erklärung verabschiedet, in der sie einerseits von der Mißdeutung der ,Maria-Troster-Erklärung' und einer daraus folgenden bedenklichen Entwicklung in der Praxis sprechen...” Krenn erwähnt nicht, daß sich die Bischpfe 1988 viel konkreter und unmißverständlich geäußert haben: „Es konnte nicht die Absicht dieser Erklärung (von Maria Trost, Anm. d. Red.) sein, den damals beschriebenen Fall einer von ,Humanae vitae' abweichenden Überzeugung (Punkt II) als eine allgemeine Erlaubnis zur Anwendung aller empfängnisverhütenden Mittel deuten zu lassen.” Konkret: Die Bischöfe haben die Ausnahme nicht zur Regel gemacht.

Diese Aussage der „Nachinterpretation” zur „Maria Troster Erklärung” 1968 ist eindeutig und unmißverständlich. Unverständlich daher, warum sie unter den Tisch gekehrt wurde.

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