6780517-1969_41_15.jpg
Digital In Arbeit

Grillparzer auf der Spur

Werbung
Werbung
Werbung

ZU FRANZ GRILLPARZER. Von Gerhart Baumann. Versuche zur Erkenntnis. Lothar-Stiehm-Verlag, Heidelberg 1969 (Poesie und Wissenschaft XIII). 17.20 DM.

Gerhart Baumann, Professor für neuere deutsche Literaturgeschichte an der Universität Freiburg i. Br., ist ein Kenner Grillparzers. Dieses wurde schon deutlich sichtbar in seiner Grillparzer-Monographie (1954), die in stark überarbeiteter und erweiterter Fassung 1966 unter dem Titel „Franz Grillparzer. Dichtung und österreichische Geistesverfassung” erschien. Die Studien, die der nun vorgelegte Band zusammenfaßt, entstanden während der Arbeit an der Grillparzer-Monographie. Sie sind zum Teil Fortführungen dort liegengelassener Gedankengänge und erhielten ihre Form, in der sie hier publiziert werden, zu verschiedenen Anlässen. Daß Baumann geradezu prädesteniert ist, über österreichische Literatur zu arbeiten und zu veröffentlichen, zeigen nicht nur die besonderen und genauen Kenntnisse zum Gegenstand „Grillparzer”, sondern vor allem auch die Ergebnisse seiner Forschungen über Robert Musil (1965) und Arthur Schnitzler (1965).

Beim Lesen dieses alles in allem 143 Seiten umfassenden Bandes „Zu Franz Grillparzer” erweckt vor allem die zwar vorsichtig-zurückhaltende, dafür an wenigen Stellen aber scharf zugreifende Form der Interpretation der Dramen „Ein treuer Diener seines Herrn”, „Ein Bruderzwist in Habsburg” und „Die Jüdin von Toledo” (ferner werden in einem Beitrag „Dramatische Fragmente” Skizzen und dramatische Entwürfe in bezug auf ihre Verzahnung mit Gestalten und Problemen vollendeter Dichtungen untersucht) Sympathie.

Trotz der Fixierung von überzeugungskräftigen Ergebnissen strebt Baumann mit jedem Beitrag nichts Endgültiges an: „Jeder abgeschlossene Text bezeichnet etwas Vorläufiges, fordert zu weiteren Überlegungen heraus.” Interessanterweise ergibt sich mit dieser Haltung eine Analogie zum Schaffen Grillparzers, der in der Fertigstellung seiner Dramen beständig vor die Unantastbarkeit der Wahrheit geriet, der evozierenden Imaginationskraft des Unvollendeten mehr überließ als der auskalkulierten und abgeschlossenen Dichtung. „Das Vorläufige vertritt vielmehr das End-Gültige”, so schließt Baumann den wohl anregendsten „Versuch” mit dem Titel „Unaufhörlicher Beginn und unschlüssiges Ende. Der dramatische Vorwurf und das Drama Franz Grillparzers”, der schon auf dem Grillparzer-Forum Forchtenstein 1966 einem Vortrag zugrunde lag.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung