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Österreicher wollen Reformen, aber ...

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dieFurche: Sind aufgrund großer Angst die Wthler in Scharen den Sozialdemokraten in die Arme gelaufen?

Ewald Nowotny (lacht): Ich sehe das nicht so. Es war ein politischer Wahlkampf, der gerade von der SPÖ politisch geführt wurde, keine Schönheitskonkurrenz. Zudem wurden die politischen Themen mit der Person des Kanzlers verbunden - und das hat eine politische Antwort gefunden.

dieFurche: Wofür hat dann eine große Mehrheit gestimmt?

Nowotny: Die Österreicher haben sich für das Alternativmodell der SPÖ entschieden. Seit Kreiskys Zeiten war das die politischeste Wahl.

dieFurche: Angst hat also keine Rolle fürs Wahlverhalten gespielt?

Nowotny: Das ist eine Schutzbehauptung der Verlierer, die nicht zur Kenntnis nehmen wollen, daß man ihnen die politische Antwort verweigert hat.

dieFurche: Wie soll es jetzt weitergehen? Um Reformen, um ein Sparprogramm zur Rudgetsanierung wird auch die neue Regierung nicht herumkommen.

Nowotny: Wir fangen in Österreich ja nicht vom Stand Null an. Es gibt ja das Konsenspapier der Sozialpartner. Nur war es diesbezüglich ein schwerer politischer Fehler der ÖVP, da ausgestiegen zu sein. Das ist übrigens für mich ein Indiz dafür, daß es Schüssel in erster Linie nicht ums Budget gegangen ist. Ich sehe das Konsenspapier als Ausgangspunkt. Die Sozialpartner haben ausgabenseitig alles durchforstet, was unter ökonomischen und sozialen Gesichtspunkten als Sparmaßnahme akzeptierbar erscheint. Der kritischere Punkt liegt bei den einnahmenseitigen Maßnahmen. Ich glaube, daß man ohne solche auf der Einnahmenseite nicht aufs nötige Volumen kommen wird.

dieFurche: Wird es diesbezüglich nicht ärgste Schwierigkeiten mit der ÖVP geben?

Nowotny: Auch Streissler hat auf einmal genauso auf die Einnahmenseite gesetzt.

dieFurche: Wethe Maßnahmen sind für Sie als Finanzexperte der SPÖ jetzt dringend erforderlich?

Nowotny: An erster Stelle steht die Verwirklichung des Sozialpartnerkonsenses. Dazu müssen zweitens ergänzende Maßnahmen auf der Einnahmenseite getroffen werden. Und dann geht es darum, möglichst rasch längerfristige Reformschritte zu setzen, die nicht unmittelbar budgetwirksam werden. Um das zu konkretisieren: Stichwort Beamtenreform. Wir brauchen einen einheitlichen Arbeitnehmerbegriff. Das hat natürlich keine unmittelbaren Einsparungen zur Folge. Dann Reform des Pensionsbereichs. Wir sind dagegen, abrupte Änderungen durchzuführen, aber längerfristig müssen wir das angehen.

dieFurche: Damit kommen wir an den Anfang zurück Was haben die Österreicher gewählt?

Nowotny: Die ÖVP ist beleidigt und sagt jetzt, die Österreicher wollen keine Reformen. Das ist nicht richtig. Sie sind sich bewußt, daß Reformen notwendig sind, nur wollten sie die Vorschläge der ÖVP dazu nicht.

Mit dem SP-Finanzsprecher

sprach Franz Gansrigier.

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