Weltterror oder Weltethos

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Noch immer steht die Welt im Bann der Anschläge in den USA, noch immer sind Gefühle der Abscheu, des Mitgefühls und der Solidarität lebendig. Aber es kann nicht übersehen werden, dass sich die Solidaritätsbereitschaft auf das Prinzip einer Bekämpfung des Terrors, nicht aber auf jede Art eines solchen Kampfes bezieht. Die kriegerische Wildwest-Sprache des amerikanischen Präsidenten, der zur "Ausräucherung" der Terrornester einen neuen "Kreuzzug" führen will, hat viel Nachdenklichkeit ausgelöst.

Ja, Strafe muss sein - aber nach den Gesetzen des Völkerrechts (das zum Zweck wirksamer Terrorbekämpfung noch weiter entwickelt werden muss), nicht in Wildwest-Manier. Auch dem Gedanken eines Abschreckungssymbols kann man etwas abgewinnen: Amerika darf nicht zulassen, dass sich Terroristen ermutigt fühlen, ihren Schreckensfeldzug fortzuführen. Dennoch müsste klargestellt bleiben, dass der neuerdings wieder allseits prophezeite "Zusammenprall der Kulturen" verhindert werden muss und nicht durch Bomben verhindert werden kann.

Wie sonst? Natürlich durch Herstellung von mehr sozialer Gerechtigkeit weltweit. Zum zweiten aber durch Förderung aller Bemühungen, gemeinsamen Verhaltensregeln der großen Weltreligionen, vor allem der drei Ein-Gott-Religionen Judentum, Christentum und Islam, zur Geltung zu verhelfen. Die 1993 in Chicago von Vertretern maßgeblicher Weltreligionen verabschiedete "Erklärung zum Weltethos" hielt vier gemeinsame "unverrückbare Weisungen" fest: Ehrfurcht vor dem Leben (Kultur der Gewaltlosigkeit), gerechte Weltwirtschaftsordnung (Kultur der Solidarität), Leben in Wahrhaftigkeit (Kultur der Toleranz) und Gleichberechtigung von Mann und Frau (Kultur der Partnerschaft).

Gewiss: Da gibt es mancherlei Deutungsprobleme. Und an Fanatikern scheitert alle Dialogbereitschaft. Trotzdem gibt es zu einem solchen "Weltethos" (Hans Küng) keine Alternative: Wenn die Menschheit überleben will, muss sie an die Stelle des Krieges der Kulturen die mühsame Suche nach Einheit in versöhnter Vielfalt setzen.

Hubert Feichtlbauer ist freier Publizist und Vorsitzender der Plattform "Wir sind Kirche".

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