Der "Weg zum Wasser"

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Mit Vehemenz wurde die Überlegung des anglikanischen Oberhaupts Rowan Williams, Teile der Scharia im englischen Rechtssystem zu berücksichtigen, zurückgewiesen. Aber von was reden wir da? - Scharfmacher, die gerne vor der "Islamisierung Europas" warnen, setzen darauf, dass Assoziationen zu einem archaischen starren Kodex Ängste wach halten.

Dagegen ist die Scharia etwas höchst Dynamisches. Der "Weg zum Wasser" (wörtlich) beschreibt jenes nie abzuschließende Beantworten von Fragen der religiösen Praxis, wie sie durch Wechsel von Zeit, Ort und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen entstehen. Basis dazu sind der Koran als Wort Gottes, das damit eine Konstante darstellt - nicht aber die Exegese, die inzwischen Bibliotheken füllt. Zweite Quelle ist die Sunna, vorbildhafte Handlungsweisen des Propheten Muhammad. Geschmeidigkeit zeigt die Scharia durch Prinzipien wie "Was nicht verboten ist, ist erlaubt" oder "Religion als Erleichterung". Lebensgefahr als Notsituation könnte Verbote (Schweinefleisch) vorübergehend aufheben.

Die Scharia beschäftigt sich in erster Linie mit gottesdienstlichen Handlungen. Darum zeugt die Forderung nach "Abschaffung" von Ignoranz. Wirklich fruchtbar könnte dagegen eine Analyse sein, wie auch im säkularen Staat ein "Diözesengericht" seinen Platz hat und kanonisches Recht parallel für die Muslime zu handhaben wäre. Nachdenken statt Populismus. Die Flexibilität (und doch nicht Beliebigkeit) der Scharia ermöglicht Muslimen in Österreich dank ihres Anerkennungsstatus' eigenständige und zugleich authentische Entwicklung. "Islam in seiner Kernbotschaft, in seiner Aufgeschlossenheit den Wissenschaften gegenüber und seinem Bildungsgebot enthält den ständigen Aufklärungsaspekt." (Imamekonferenz 2003)

Die Autorin ist Medienreferentin der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich.

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