Offenheit vor Vertrauen

Werbung
Werbung
Werbung

Zweimal hielten die Medien letzte Woche kirchliche Schriftstücke in Händen, die nicht zur Veröffentlichung bestimmt waren. Zweimal war Kardinal Schönborn über jene erbittert, die sich nicht an Vertraulichkeit hielten: Zuerst kam ein an Schönborn gerichteter Brief Kardinal Ratzingers "Betr.: ,Dialog für Österreich'" ans Licht, dann wurde der Fünfjahresbericht der Bischöfe, den diese zum dieswöchigen Ad-limina-Besuch nach Rom mitnehmen wollten, vorzeitig bekannt. Letzteren Vorfall quittierte Schönborn mit: "Eine schwere Vertrauensschädigung!"

"Vertrauensschädigung" ist mittlerweile ein geflügeltes Wort und nicht zuletzt auf die Gesamtsituation der Kirche Österreichs anzuwenden: nichts anderes bringt - für ekklesiale Verhältnisse geradezu ungeschminkt - der ob der Vorfälle nicht mehr geheime und mittlerweile dem Papst übergebene Ad-limina-Bericht der Bischöfe zum Ausdruck.

Unlängst, im Juni 1998 bei seinem Wien-Besuch, ermutigte Johannes Paul II. Österreichs Bischöfe zum "Dialog für Österreich" und sprach dabei davon, daß es "im häuslichen Dialog der Kirche Räume zu Gesprächen hinter verschlossenen Türen" geben müsse. Niemand wird die prinzipielle Richtigkeit dieser Papstworte bestreiten. Nur: Österreichs Episkopat hält sich an diese Mahnung des Chefs längst nicht mehr. Es dürfte für jene Bischöfe (darunter auch Kardinal Schönborn), die sich dem auch beim "Dialog für Österreich" so stark sichtbar gewordenen Verlangen nach Kirchenreform weniger verschließen, eine schmerzliche Erfahrung sein, daß in den eigenen Reihen nichts mehr vertraulich bleibt.

Für kirchliche Tagespolitik ist dies ärgerlich, zwingt aber die Kirchenführer dazu, möglichst transparent zu agieren: Wo schonungslose Offenheit herrscht, haben die Geheimniskrämer ihre wichtigste Waffe verloren.

P. S. (zur Erinnerung): Ein Gutteil der österreichischen Kirchenprobleme wurde bekanntlich durch verschwiegene Romkontakte verursacht. Wurde? Wird?! Soeben berichtet uns ein Gewährsmann, er habe einen Ex-Bundesrat, dem massive Verbindungen in den Vatikan nachgesagt werden, just in den Tagen vor dem Ad-limina-Besuch der österreichischen Bischöfe im Petersdom erblickt ...

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung