7069786-1992_18_12.jpg
Digital In Arbeit

Ad-Iimina - an die Grenzen

Werbung
Werbung
Werbung

Vorige Woche haben die österreichischen Bischöfe den Ad-limina-Besuch in Rom absolviert. Statt Vorwürfen, von manchen vorausgesagt, gab es viel Lob. Dennoch bleibt die Frage, ob diese Form der Berichterstattung der Kirche noch im ursprünglichen Sinn dient. „Limina" sind die Schwellen der Apostelgräber. Gleichzeitig stößt man auch an „Grenzen" eines solchen Besuches, denn „limen" und „limes" sind schließlich wortverwandt.

Der Papst empfängt die Bischöfe. Einzeln je 15 bis 20 Minuten, dann gemeinsam, um eine vorher konzipierte Rede zu halten. Rechenschaft oder Aussprache? Ermutigung, oder Ermahnung? Wie kann ein einziger (der Papst) dies jeweils in fünf Jahren für circa 2.300 Diözesanbischöfe leisten? Kommen die Bischöfe nicht auch in ihrer Eigenverantwortung für ihre Lokalkirchen? Tragen sie nicht Mitverantwortung für die Gesamtkirche?

Dann aber nicht nur Kurzbericht und Ansprache, sondern Dialog, gemeinsame Suche nach den eigentlichen Problemen der Kirche heute, gegenseitige Beratung: wenn nötig, durchaus auch vom Bischof hin zum Papst. Wer aber kann's, wer wagt's, in 15 Minuten?

Der Papst meinte wörtlich, das Wichtigste sei ihm die gemeinsame Meßfeier mit den Bischöfen (auch Teil des Besuches). Wohl sprengt Eucharistie Zeit und Raum. Die Feier allein aber überwindet nicht Grenzen etwa fehlender Kenntnis, mangelnden Vertrauens, ersetzt nicht das notwendige, freimütige Gespräch. Sie setzt vielmehr ein hohes Maß vorher gewonnener Gemeinsamkeit voraus und verpflichtet jeden zu hingebungsvollem Dienst.

Auch die päpstlichen Kongregationen (vergleichbar weltlichen Ministerien) empfangen die Bischöfe. Es liegen mancherlei Informationen vor, oft sehr privater Natur. Offiziell werden nach einem weltweiten Schema Berichte angefordert. Der einzelne Bischof erstattet sie so, wie er den Zweck der römischen Ämter einschätzt: als Ort der Dienstleistung oder als Oberbehörde, als Stelle der Beratung oder der Kontrolle.

Die Situation der Kirche in der ganzen Welt wird immer differenzierter. Welches kuriale Amt, selbst bestens besetzt, kann diese Vielfalt voll wahrnehmen? Droht nicht Gefahr, einer ängstlich gehüteten Einheit willen die lebensnotwendige Vielfalt zu beengen?

Ich habe drei Jahre in Rom gelebt und das Zentrum der Kirche kennen und lieben gelernt. Ich habe auch erlebt, wie eine allzu straff von Rom gelenkte Kirche nach dem Konzil sich zur Weltkirche weitete, mit wachsender Selbständigkeit am Ort. Die Furcht, die Grenzen könnten wieder enger werden, wächst in mir. Der letzte Ad-limina-Besuch hat sie mir trotz vielem Erfreulichen nicht genojnmen.

Die vorgeschriebene Pilgerfahrt zu den „Schwellen" sollte viel mehr Öffnung als Grenzen erleben lassen.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung