"Der Staat ist eine große Fiktion"

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"Geh dorthin, wo du am besten behandelt wirst. Dorthin, wo du die besten Möglichkeiten in Anspruch nehmen kannst."

"Der Staat ist die Fiktion, von der jeder erwartet, auf Kosten des anderen leben zu können. Staaten können bestehen, wenn sie dienen anstatt zu versklaven."

Leben und verdienen

Die Seminare zu Heuermanns Rezepten über Freiheit und Finanzierung sind gut gefüllt. Wer wollte auch nicht Fotos von sich auf der ganzen Welt posten?

Monatlich bis zu 40.000 Euro verdienen, dabei nur 80 Stunden arbeiten und um die Welt reisen -was nach Traum klingt, ist für den Deutschen Christoph Heuermann Alltag. Und das mit 27 Jahren. DIE FURCHE hat mit dem bekennenden Anarchisten über sein Konzept "Staatenlos" gesprochen.

DIE FURCHE: In ihrem Seminar versprechen Sie, den "Traum vom (steuer)-freien Leben über Nacht Wirklichkeit werden zu lassen. Neben Tipps zur Steuervermeidung geht es um Reisen, Unternehmensgründung, Finanzierung

Heuermann: Alles Internationale, ja. Anfangs ging es vor allem um Unternehmensgründung und Auswandern -aufgrund meiner eigenen Situation: Ich habe da dieses komische Online-Business und muss klarkommen. Da ich wohnungslos unterwegs bin, kann ich kein Gewerbe in Deutschland mehr haben. Wie kann ich also ohne diese Bürokratie ein Unternehmen gründen?

DIE FURCHE: Ihr Angebot richtet sich nicht nur an Menschen, die ständig unterwegs sind?

Heuermann: Man muss kein Perpetual Traveler sein, das Lebensmodell der Wohnsitzlosigkeit ist eine Unterart. Ich habe die Benennung gewählt, um mich vom Digitalen Nomaden abzugrenzen. Während Letzterer oft mit all seinen Sachen im Heimatland bleibt, sich nur woanders aufhält, bezeichnet Perpetual Traveler denjenigen, der sich in allen möglichen Bereichen optimiert. Dort, wo es ihm gefällt. Er nutzt die Strategie der Flaggentheorie: Geh dorthin, wo du am besten behandelt wirst. Dorthin, wo du die besten Möglichkeiten in Anspruch nehmen kannst. Da geht es unter anderem um Besteuerung, Vermögensanlage, Unternehmensgründung, aber auch, ob man deinen Kindern einen optimalen Start ins Leben bietet.

DIE FURCHE: Aber geht denn das so einfach?

Heuermann: Gerade Deutschland und Österreich haben das schärfste Gesetz der Welt, was Wegzug und Unternehmensgründung im Ausland betrifft. Man sollte darauf achten, dass man hier keine Ehefrau, Kinder oder dauerhafte Wohnung hat, die den Lebensmittelpunkt im Land vermuten lassen. Aufpassen muss man auch bei stillen Reserven wie einer GmbH, die im Fall eines Wohnsitzwechsels erfasst und besteuert werden. DIE FURCHE: Ist das denn legal? Heuermann: Natürlich ist es legal. Es ist das geschickte strategische Ausnutzen von staatlichen Regulierungen.

DIE FURCHE: Wenn das jeder macht, wie soll der Staat zum Beispiel Schulbildung oder Infrastruktur finanzieren?

Heuermann: Der Staat ist die große Fiktion, von der jeder erwartet, auf Kosten des anderen leben zu können, habe ich in einem Buch geschrieben. Ich vergleiche den Staat mit der Mafia. Auch ich wurde 13 Jahre lang im Namen der Bildung gekidnappt. Bei den Schulen bin ich dafür, die privat zu finanzieren, statt sie komplett staatlich und kostenlos zu machen. Außerdem muss man ganz klar sagen: Ich zahle ja noch immer Steuern, auch in Deutschland. Umsatzsteuer oder Mehrwertssteuer zum Beispiel. Flugtickets sind ebenfalls zur Hälfte besteuert. Das reicht aus, um die Grundfunktionen des Staats zu bezahlen. Ich bin ja Anarchist ... Andererseits können Staaten bestehen, wenn sie dienen, statt zu versklaven.

DIE FURCHE: Sie glauben auch, dass Staaten Bankrott gehen werden und raten, Geld außer Landes zu bringen und nicht von einer Regierung abhängig zu machen.

Heuermann: Spezifische Investmentsachen mache ich nicht, ich gebe nur grundlegende Tipps: Was ist das stabilste und steuerlich beste Land, um Aktiendepots zu haben? Wie viel soll in Gold, wie viel in Aktien, wie viel in Kryptowährung angelegt werden ...

DIE FURCHE: Apropos Kryptowährung: Österreich möchte als erster europäischer Staat bei der Erforschung der Kryptoökonomie und des Kryptorechts eine Vorreiterrolle in der Blockchain-Grundlagenforschung einnehmen.

Heuermann: Die Schweiz, Tschechien, Litauen sind hier schon weit voraus, Österreich kommt um sechs Jahre zu spät. Ich selbst lege in Bitcoins an. Natürlich ist es ein Risiko, das sehr gut, aber auch sehr schlecht ausgehen kann. Wenn bei anderen Anbietern in Zukunft aber ähnliche Kurssprünge stattfinden wie bei Bitcoins, dann kann ich tatsächlich mit 30 Jahren in Rente gehen

DIE FURCHE: Dieses Ziel sollte doch auch so möglich sein: Das Wochenendseminar mit Ihnen kostet 697 Euro. Mit Beratungssitzung sogar € 817. Kommt da nicht oft Kritik, dass du dich an den Träumen anderer bereichern möchtest?

Heuermann: Ich halte mich für extrem günstig, für das, was die Leute bekommen. Manche nehmen 5000 Euro pro Stunde, das mache ich bewusst nicht. Ich verkaufe ja auch keine Träume. Das macht die Hälfte der Anderen.

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