Der italienische Film hat den Wettbewerb, den ihm zeitweise das Vordringen des Fernsehens machte, überwunden. Die Statistik meldete als Höchstzahl der Einnahmen aus Kinobesuchen 116 Milliarden Lire für das Jahr 1955. Darnach kam die lange Krise der folgenden Jahre mit einer rückläufigen Entwicklung bis etwa Ende 1958, der sich dann der Wiederanstieg mit dem bisherigen Gipfelpunkt von 121 Milliarden Lire 1960 anschloß. Nach italienischen Angaben nimmt das Land im „Filmkonsum" gegenwärtig die erste Stelle in Europa ein. Dies soll auch für die Filmproduktion der letzten Jahre gelten.
SEIT EINIGER ZEIT wendet sich die italienische Filmproduktion neuen Stoffen zu, die eine reiche Ausbeute versprechen. Wie sich aus den bis jetzt bekanntgewordenen Themen ergibt, stehen sie unter einem Oberbegriff, der schlicht mit dem Wort: „Zeitgeschichte“ gekennzeichnet sei. Der Rahmen scheint also eng gezogen zu sein. Denn gemeint ist die Spanne der letzten sechzig Jahre, welche die Älteren von uns miterlebten und in der Mehrzahl mit durchlitten. Besonders dicht sind die Ereignisse in Italien, wo sie sich in fast lückenloser Folge aneinanderreihen. Oft haben sie geradezu
Die Jugenderziehung und deren bedeutendste Träger, die Schulen aller Grade, sind seit der Begründung des italienischen Königreiches, also seit einem Jahrhundert, die größten Sorgenkinder aller Regierungen gewesen. Mit wenigen Zahlen läßt sich der Stand der Volksbildung zu verschiedenen Zeitpunkten andeuten. 1871, zehn Jahre nach erreichter Einheit, waren 72 Prozent der italienischen Gesamtbevölkerung des Lesens und Schreibens unkundig; 1901 waren es 48 Prozent; 1913 noch 36 Prozent.Aber diese 36 Prozent, kurz vor Ausbruch des ersten Weltkrieges, betrafen ganz überwiegend die
Dort, wo früher in Rom das berüchtigte Barackenviertel Campo Parioli die breitflächige Landschaft am Fuße des grünen Monte Mario verunzierte, erhebt sich heute, wie aus dem Boden gestampft, das Olympische Dorf 1960. Es entstand nicht weit vom nördlichen Schauplatz der kommenden Olympischen Spiele. Allgemein wird es hier als „Dorf der Athleten“ bezeichnet, nachdem sich im letzten Jahrzehnt der griechische Urbegriff „Athleten“ eingebürgert hat, um die aktiv teilnehmenden Wettkämpfer aus aller Welt zu kennzeichnen.Als ich diese auf hohen Pfählen ruhende Siedlung am Rande des Foro
Der italienische Film liegt im Kreuzfeuer der Kritik. Er wird gelobt und getadelt — nicht selten gelobt wegen seines Erfindungsreichtums, seiner oft künstlerische Höhen erreichenden Gestaltung, seines „veristischen“ Gehalts, der an bewährte Traditionen anknüpfe — getadelt wegen des Absinkens vieler Werke in frivolen Lebensgenuß, in dem flachen Publikumsgeschmack allzu willig entgegenkommende, fast hemmungslose Sittenlosigkeit, die nur einem Ziel zu dienen scheint: der materiellen Erfolgssicherung.Kein Zweifel kann darüber bestehen, daß sich die Polemik in der Öffentlichkeit vor
Der neunte Kongreß der mächtigen Kommunistischen Partei Italiens im weiträumigen Kongreßpalast der E. U. R., dem einstigen Gelände für die Weltausstellung in Rom, verblüffte die Öffentlichkeit in zweifacher Hinsicht: Einmal durch die eiserne, alle Redner in Form haltende Disziplin, deren lebhafte, im Inhalt aber monotone Erörterung den Parolen des Parteiführers gehorsam' folgte, und, zum andern, der versöhnliche Grundton der fast vierstündigen Programmrede Togliattis, die sich eine „demokratische Erneuerung der italienischen Gesellschaft“ zum Ziel setzt. Diese Erneuerung soll
Mit dem neuen Rom ist das Rom von heute gemeint, die Stadt der zwei Millionen Einwohner, die es am 12. April 1959 erreichte. Es war kein Kind der von außen Zugewanderten, wie die Hunderttausende vergangener Jahre, welche die Zahl der ansässig Werdenden sprunghaft in die Höhe schnellen ließen, sondern ein' hier geborenes Kind von eingebürgerten Eltern, ein Mädchen, das den Ausschlag des Bevölkerungszeigers nach der Zahl von zwei Millionen gab.Nicht besser kann die mehr als ein Jahrhundert währende Anziehungskraft dieses neuen Roms bekundet werden, als die nach sorgfältigen
Im Innern der italienischen Parteien ist das Ringen der verschiedenen Gruppen um politische Neuorientierung stärker denn je. Seitdem die beiden Häuser des Parlaments nach monatelangen anstrengenden Sitzungen in die Sommerferien gegangen sind, hat sich die Aktivität der Berufspolitiker in das Innere der Parteien verlagert, also von der eigentlichen Volksvertretung im Senat und in der Kammer in die Neuausrichtung ihrer in verschiedene Strömungen aufgerissenen Parteien. Die äußerste Linke hat ihre „Informbringung“, begünstigt durch die internationalen Erfolge der Sowjetrussen,
Samstag, den 8. August, starb in einem Kloster am Stadtrand von Rom Don Luigi Sturzo, der Gründer der „Popolari” (Katholische Volkspartei, Vorgängerin der „Democrazia Cristiana”), im 88. Lebensjahr.Wie ein Meteor war in den Jahren unmittelbar nach dem ersten Weltkrieg der Stern Don Luigi Sturzes auf geleuchtet; dieses unscheinbaren Geistlichen aus Caltagirone in Sizilien. In ihm glühte die Flamme politischer Schöpferkraft. Fast 30 Jahre waren seit jener Enzyklika Leos XIII. „Rerum novarum” (1891) verflossen, die sich mit der aufdämmernden, ins Radikale abirrenden Arbeiterfrage
Die verfeindeten .Brüder haben sich versöhnt. Der Kommandant Achille Lauro und der Professor Alfredo Covelli, der eine bisher Führer der „Volksmonarchisten”, der andere der ..nationalen Monarchisten”, haben den Akt der Wiedervereinigung vollzogen. Die jahrelang geschwungene Streitaxt wurde endlich begraben. Zwei eigenwillige Männer, die ihr Ziel der Alleinherrschaft innerhalb der Partei doch nicht erreichten, zogen den Schlußstrich unter ihre vergeblich hervorwuchernden Ambitionen und resignierten. So hatte es auch der in der Verbannung in Portugal lebende letzte König von Italien
Nie kam mir Rom, wo ich eineinhalb Jahrzehnte wohne, so lebendig zum Bewußtsein wie jetzt, nachdem ich die „Römische Pilgerwoche” von Gottfried Hasenkamp (Aschendorff, Münster/Westfalen) gelesen habe. Der Untertitel: „Ein kleines Buch für Romfahrer dieser Zeit” gibt mannigfachen Aufschluß, kann aber nicht alles sagen. Denn der Verfasser bietet in edel geformter Sprache mehr, viel mehr. Er spricht die hunderte, tausende Freunde in seiner nördlichen Heimat an, welche die Fahrt nach Rom so recht als Wallfahrt verstehen, ähnlich wie es sein Fieund, Professor Josef Höfer, seit
Wer vor Jahren den Namen Enrico Mattei in das Gespräch warf, erhielt wohl die Antwort: „Welcher von vielen?“ — In Italien gibt es etliche Prominente dieses Namens, welchen zudem der beliebte Vorname Enrico (Heinrich) eignet. Heute aber ist nur noch einer gemeint: seine zahlreichen Namensvettern bleiben im Dunkel zurück. Der Anfang der Fünfzigerjahre stehende Enrico Mattei, der allenfalls den aus dem verflossenen Jahrhundert überlieferten Beinamen des „Padrone del vapore“ (wörtlich: „Herr des Dampfes") trägt, obwohl die gewaltig fortschreitende Technik den Dampf längst
Führende Politiker und ebenso führende Organe der Presse sind einig in der Entrüstung über den Gleichmut der Oeffentlichkeit wegen der sich im „tragischen Dreieck“ Siziliens aneinanderreihenden Mordtaten der Mafia. Seit einigen Monaten ist dieses scheinbar wahllose Morden im Gange. Eines hat die Polizei inzwischen begriffen, und das ist wenigstens etwas: daß die in Westsizilien, nahe beiPalermo, im Dreieck der Landgemeinden Mon-reale, Alcamo, Corleone — wo die sich nach wie vor „onorata societä“ nennende Mafia stark verwurzelt ist — sich in letzter Zeit häufenden Bluttaten
Die in Sizilien soeben durchgeführte „Operation Milazzo“ hat in folgendem bestanden: Als das aus 90 Mitgliedern bestehende regionale Parlament der Insel wegen der keine klaren Mehrheitsverhältnisse ergebenden Verteilung der einzelnen Parteimandate von einer Krisis in die andere taumelte, bot sich dem bis gestern der Democrazia Cristiana angehörenden Silvio Milazzo folgender Ausweg an: Bildung einer Notstandsregierung der Region Sizilien, zu deren Zustandekommen in erster Linie die Kommunisten, die Nenni-Sozialisten, die Monarchisten und die Neofaschisten, dann einige abtrünnig
Der 31. Oktober war der äußerste Termin für die Verabschiedung sämtlicher Etats des italienischen Gesamtbudgets. Trotz großer, von außen hereingetragener Verzögerung gelang es, diesen Termin einzuhalten. Es war also nicht notwendig, wie hin und wieder in der Vergangenheit des Parlamentarismus, am 31. Oktober um Mitternacht die Uhrzeiger anzuhalten, um die noch nicht zu Ende gebrachte Beratung und Abstimmung über sämtliche Etats durch einige Stunden Nachsitzen abzuschließen und mit diesem naiven Selbstbetrug den Vorschriften der Verfassung zu genügen.Fast zuletzt ging der
Am letzten Augustsonntag hatten die Neo-faschisten ihren großen Tag. Ein Jahr war vergangen, seit der vorletzte Ministerpräsident, Zoli, die zwölf Jahre lang verborgen gehaltenen irdisehen Ueberreste Mussolinis der Ehefrau Rachele zur Errichtung einer würdigen Grabstätte hatte übergeben lassen. Die erste Wiederkehr dieses für die Faschisten nunmehr bedeutendsten Gedenktages sollte feierlich begangen werden.In seiner Heimat in Predappio, nahe bei Forli in der Romagna, wurde der am 28. April 1945 in Mezzegra am Corner See von Partisanen erschossene Mussolini begraben. Auf dem kleinen
Um die Augustmitte ruht der politische Betrieb auch in Italien. Der Ferragosto, am Tage der Himmelfahrt Maria, einst die vom ersten Imperator Augustus eingeführte Ferienzeit der römischen Bevölkerung, ist gleichsam das letzte Signal zur Flucht aus der Großstadt. Hitze und Kalender befehlen.Auch der nimmermüde neue Regierungschef Fanfani gehorcht. Seine 16 Ministerkollegen hatten, auf sein Geheiß, bis zuletzt ausgeharrt, um eine Flut von Gesetzentwürfen, welche den neuen Regierungskurs einleiten sollen, in Bearbeitung zu nehmen. Denn die bald wieder zusammentretenden Ausschüsse und die
Wie sein Vorgänger und Parteifreund Pella, ; ist der neue Außenminister entschlossen, den , Spielraum, den die periphere Lage Italiens im Süden Europas verleiht, zum Nutzen Italiens, der Nahoststaaten und Europas fruchtbar zu gestalten. Mitte Juli hatte ihm das außenpolitische Geschehen, als er noch hart um die Mehrheit in der Kammer kämpfen mußte, fast gewaltsam Stellungnahme, ja Handeln aufgezwungen. Der Staatsstreich im Irak, die Besetzung des Libanon und Jordaniens durch die Angloamerikaner, die aufflackernde Kriegsgefahr, die Italien aus der nächsten Nähe zu bedrohen schien —
Die jetzt endlich in die Kampfarena hinabgestiegene Partei des weltbekannten Industriellen der Schreib- und Büromaschinenindustrie Olivetti hat mehr als ein Jahrzehnt gesät, bevor sie, anläßlich der bevorstehenden Wahlen, die erste Ernte einzubringen hofft. Je mehr das vom Vater Camillo vor fünfzig Jahren gegründete Werk aus kleinsten Anfängen zur Großindustrie mit heute 17.000 Betriebsangehörigen emporwuchs, um so tiefer versenkte sich der Vielbeschäftigte in die Politik. Erst war er ganz Theoretiker einer neuen politischen Ordnung, die hier nur vage mit dem Ausdruck „christlicher
Wahrscheinlich hat der Großreeder, der Ende 1957 als Oberbürgermeister von Neapel zurückgetretene Achille Lauro, unrecht, wenn er dem christlich-demokratischen Innenminister Tam-broni vorwirft, er habe sich für die Enthüllungen über die Verwaltungstätigkeit und die Verschleuderung enormer, vom Staat zur Verfügung gestellter Gelder (53 Milliarden Lire) eigens die Zeit vor den Wahlen ausgesucht. Denn nicht nur war die Verschwendungssucht Lauros und seiner nicht gerade mit Umsicht ausgesuchten Mitarbeiter in der Neapeler Stadtverwaltung seit langem in der Oeffentlichkeit bekannt und
Die blutige Niederwerfung der zehnjährigen Diktatur des einstigen Generals Marcos Perez Jimenez in Venezuela hat in Italien besonderes Aufsehen erregt. Denn der einige Tage hin- und herwogende Bürgerkrieg zog plötzlich den über d|eses reichste Staatswesen Südamejikjis, mijj j seinen fast sechs Millionen Einwohnern“ gebreiteten'Schleier“ weg und“ offenbarte zweierlei“' ßas nächst den Vereinigten Staaten größte Petro-leumland der Welt, welches sich dank der Abschaffung des Staatsmonopols für die Erdölgewinnung und dank der Verpachtung besonders an private nordamerikanische
In der italienischen Geschichte sind große Unternehmer als aktive Politiker selten. Als um die Jahrhundertwende die Industrialisierung in großem Stil einsetzte, schienen die plötzlich auftauchenden und sich erfolgreich behauptenden wagemutigen Unternehmernaturen weder politischen Ehrgeiz zu besitzen noch Anlaß zu haben, ihre wirtschaftlichen Interessen im Parlament zu vertreten oder doch vertreten zu lassen.Auch heute ist es nicht viel anders. Noch vor wenigen Wochen bedauerten die führenden Männer des großen italienischen Industriellenverbandes, daß ihre bei den Regierungsstellen
Rom, im September 1956Schon vor dem auf die ersten Septembertage festgesetzten Ende der politischen Ferien hat ein bedeutendes Ereignis die Hochsommerruhe der italienischen Hauptstadt empfindlich gestört: das auf Betreiben Nennis erfolgte Zusammentreffen der seit neun Jahren getrennten und verfeindeten einstigen Parteigenossen Nenni und Saragat in den hochragenden Bergen des Savoyer Landes. Pietro Nenni, der Führer der 75 sozialistischen Deputierten, der schon in der freiwilligen Verbannung in Paris einen Aktionspakt auf Gedeih und Verderb mit den Kommunisten geschlossen hatte — und
Rom, Ende Juli Vor einiger Zeit hat Ministerpräsiden Segni eine Meisterleistung vollbracht, die dai prekäre Leben seines nunmehr einjährigen Ka binetts um etliche Zeit verlängern dürfte. Di Ueberraschung ist in der Oeffentlichkeit deshalb groß und freudig, weil die Mehrheit dei politischen Beobachter ihm ein so schnelles und energisches Handeln nicht zugetraut hatte.Ein Streit war unter den vier Koalitionsparteien deswegen ausgebrochen, weil in verschiedenen Gemeinden (z. B. in Mailand, Rom und Venedig) die Wahl der Stadtoberhäupter nur dank den Stimmen der äußersten Rechten oder gar