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Einheitliche Leitung der Lehrerbildung

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Die große Bedeutung, die der Neuregelung der Lehrerbildung im künftigen Schulgesetz zukommt, hat die Katholische Lehrerschaft Oesterreichs veranlaßt, die letzte Frage, die noch als offen zu betrachten ist und von der das Schicksal künftiger Generationen Oesterreichs abhängt, einer neuerlichen Prüfung zu unterziehen.

Welche Nachteile und Gefahren bringt der Verlust einer einheitlichen Leitung im Ausbildungsgang der Volksschullehrer?

Für die Beantwortung dieser Frage wird eine künftige Form der Lehrerbildung vorausgesetzt, die sechs Jahre umfaßt und aus einer vierjährigen allgemeinbildenden Stufe (Pädagogische Oberschule bzw. Pädagogisches Gymnasium) und einem rein berufsbildenden zweijährigen Akademielehrgang bestehen soll.

Bei einer solchen Neuordnung müßten große Vorzüge der bisherigen Volksschullehrerausbildung verlorengehen, nämlich:

1. Die Erziehungs wirkung eines früheinsetzenden und langjährigen Bildungsganges, der auf ein ganz konkretes Berufsziel eingestellt ist.

2. Das Zusammenleben und dauernde Kontakterlebnis mit der im gleichen Schulverbande befindlichen Liebungsvolksschule.

3. Die musikalische Komponente der Lehrerbildung, die nur in einem geschlossenen musikalischen Unterricht von mehrjähriger Dauer zu erreichen ist, aber keineswegs in den zwei Akademiejahren allein.

Sollen diese drei Hauptqualitäten (und eine Reihe anderer!) erhalten bleiben und damit jene schweren Fehler vermieden werden, die in anderen Ländern bei der sogenannten „Akademi-sierung der Lehrerbildung“ gemacht wurden, dann müssen die beiden Ausbildungsstufen vereinigt und im gleichen Schulverbande (samt einer Uebungsschule) bleiben.

Es muß daher unter allen Umständen die gemeinsame Leitung für den ganzen Bildungsgang gesichert werden, andernfalls kämen wir nicht zu einer sechsjährigen, sondern zu einer zweijährigen Lehrerbildung, die zwar intellektuell höher sein könnte, aber pädagogisch bestimmt weniger formkräftig und leistungsfähig wäre.

Zu diesen rein pädagogischen Erwägungen treten auch solche psychologischer und praktischer Natur.

1. Der Bestand von zwei Leitungen schafft, wenn sie gebäudemäßig oder organisatorisch aufeinander bezogen und nicht völlig beziehungslos nebeneinander bestehen sollen, begreiflicherweise Spannungen und Rivalitäten, da eine selbständig geleitete „Akademie“ sich als der höhere Schulorganismus fühlen und zum Hochschulcharakter streben müßte.

2. Getrennte Leitungen würden das Problem des Proporzes aufwerfen und damit zu einer höchst unerfreulichen Verpolitisierung derkünftigenLehrerbildung führen.

3. Eine getrennte Leitung erfordert neue Dienstposten, einen getrennten Difektions-apparat und eine Reihe von zusätzlichen Einrichtungen — wie denn überhaupt klar ist, daß die Neuregelung der Lehrerbildung bedeutende Mehrkosten erfordern wird.

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