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Der „akademisierte“ Lehrer
Dia Fragen der Lehrerbildung spielen heute innerhalb der pädagogischen und kulturpolitischen Diskussion fraglos eine bedeutende Rolle — ein Reflex gesellschaftlicher Unsicherheit oder auch Dynamik, weil sich darin die Rollenerwartung an den Lehrer ausspricht, daß er durch „bessere“ Methoden, insgesamt durch eine „bessere" pädagogische Führung einen besseren Zustand der Gesellschaft herbedführen helfe.
Jedenfalls läßt sich im Hinblick auf die Lehrerbildung ¡ftesthaiten, daß seit Jahren und zum Teil Jahrzehnten in fast ganz Europa von den maßgebenden gesellschaftlichen Gruppen und politischen Kräften eine Anhebung der Lehrerbildung auf wissenschaftliches Niveau angestrebt oder gefördert wird, eine Intention, die sicherlich als Antwort auf die Probleme der Gegenwartsgesellschaft interpretiert werden muß, auf die Industrialisierung und die Auflösung fester Strukturen und Normvorstellungen. Die Rückführung auf diese gesellschaftlichen, kulturellen Grundfragen erhellt sowohl die allgemeine Bedeutung des Problems der Lehrerausbildung als auch die Gemeinsamkeit der Diskus- siomsbasiis in verschiedenen Staaten; ihre Kenntnisnahme und ihre Erörterung müssen für die österreichische Diskussion, die mit dem Gesetzgebungswerk von 1962 beim derzeitigen gesellschaftlichen Wandel nicht als abgeschlossen betrachtet werden kann, von Interesse sein.
Bessere Lehrerbildung — bessere Bildung der Gesellschaft
Vordergründig wird man von einer besseren Lehrerbildung eine bessere Bildung und Ausbildung breitester Schichten, eine Begabtenförderung zugunsten eines höheren Lebensstandards der Gesellschaft erwarten dürfen. Gravierender ist jedoch nicht der ökonomische Gesichtspunkt, sondern der der pädagogischen Verantwortung; dem jungen Menschen zu helfen, Ihm in der modernen Gesellschaft ein menschenwürdiges Leben durch Bildung zu ermöglichen. Bei den Überlegungen zur wissenschaftlichen Berufsvorbildung der Lehrer für Volks- und Hauptsahiulen, aber auch für die Gymnasien, scheint man hierzulande weder den ökonomischen noch den humanitären Gesichtspunkt gebührend zu berücksichtigen. Sachliche Argumente werden vielfach mit dem Hinweis auf Tradition, schlimmstenfalls auf subjektive und unausgesprochene egoistische Motive nicht zur Kenntnis genommen, und häufig setzt man sich nicht einmal mit ihnen auseinander. Man hat „seine Gründe", von denen man in fast zynischer Unbekümmertheit offen zugilbt, daß man sie nicht nennen kann.
Die nachfolgenden Ausführungen sollen einige grundsätzliche Aussagen über Lehrerbildung einer breiteren Öffentlichkeit voriegen. Die Ausbildung der Volksschullehrer mag hier stärker akzentuiert erscheinen. Die Aussagen gelten aber grundsätzlich für den Beruf des Lehrers. Über besondere Probleme der Gymnasiallehrerauistoildumg werde ich in nächster Zeit einige Gedanken vorlegen.
Das neue Wissenschaftliche Fundament
Bei einer vergleichenden Betrachtung mit dem Ausland läßt sich eindeutig die Tendenz feststeltan, der Lehrerausbildung ein ausdrücklich wissenschaftliches Fundament zu geben. So kann man einen erstaunlichen Wandel zum Beispiel der Stellungnahmen von westdeutschen Universitätsgremien und Rektorenkonferenzen zur Frage der Übernahme der Lehrerausbildung durch die Universitäten verzeichnen, von absolut ab lehnender oder gleichgültiger Haltung bis zum positiven Votum.
Im Zuge dieser Akademisierung der Lehrerbildung werden die ohnedies brennenden Fragen: Strukturreform der Universitäten (Fafculitäts- veiband), Revision der Prüfungsordnungen (Diplom in den philosophischen Fächern), Zuordnung von Bildung und Ausbildung, von Forschung und Lehre, unter besonderem Aspekt aktuell. Dazu tritt das große Problem, wie die Ausbildung der Lehrer der verschiedenen Schiulgat- tungen institutionell und didaktisch zusammengefaßt und zugleich den sich abwandelnden Aufgaben gemäß differenziert werden kann.
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