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Unser größtes Bauvorhaben

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Die Schulgesetzgebunig von 1962 brachte auch eine Reform der österreichischen Lehrerbildung. Die alten Lehrer- und Lehrerinnenbildungsanstalten, die seit dem Reichsvolks- ischulgesetz durch fast ein Jahrhundert bestanden und die Volksschullehrer herangebildet hatten, sind nun ausgelaufen, und an ihre Stelle traten seit dem Schuljahr 1968 69 die Pädagogischen Akademien.

Für die Kirche in Österreich bedeutete diese Reform der Lehrerbildung eine neue Situation. Etwa die Hälfte der bestehenden Lehrer- und Lehrerinnenbildungsanstalten war konfessionell, die andere Hälfte staatlich. Die neue Form verlangte Neubauten; denn die alten Lehrerbildungsanstalten waren nicht für hochschulmäßige Formen gebaut, wiesen keine Hörsäle und Seminarräume auf und wurden überdies durch das Schulgesetz in den neuen Schultyp des Musisch-Pädagogischen Realgymnasiums umgewandelt. Für die Diözesen : urtd-'für' e'sthffl'fiaiTerideh Orden erhob sich - die Frage, ob sie — die Möglichkeit dazu gibt das Privatschulgesetz — eigene Pädagogische Akademien neben den Anstalten des Bundes errichten sollten.

Für die Diözese St. Pölten bestellte Bischof Dr. Franz Žak noch 1962 die Kommission, die sich mit den Fragen der Standortwahl, der Grundbeschaffung, des Bauprogramms und der Kostenschätzung beschäftigte und darüber Bericht erstattete. Nachdem sich der Bischof für den Bau einer diözesanen Pädagogischen Akademie in Krems entschieden hatte, unternahmen eiinge Mitglieder der Vorbereitungskommission eine Studienfahrt zu deutschen pädagogischen Hochschulen. Ende 1963 wurde ein Raumprogramm für eine Pädagogische Akademie mittlerer Größe als Grundlage für einen Architektenwettbewerb erstellt. Eine Jury sprach Architekt Diplomingenieur Paul Pfaffenbichler den ersten Preis zu. Noch im Herbst 1964 wurde mit den Planierungsarbeiten begonnen. Dem Direktor der Finanzkammer, Msgr. Franz Ramler, fiel die gewiß nicht leichte Aufgabe der Aufbringung der finanziellen Mittel für dieses größte Bauvorhaben der Diözese seit ihrem Bestehen zu. Fünf Baufirmen arbeiten gleichzeitig an den Baulosen, und bereits am 10. Mai 1965 konnte Bischof Dr. Žak die feierliche Grundsteinweihe vornehmen. Mit Beginn des Schuljahres 1967 68 wurden Übungsschule und Kindergarten eröffnet, seit September 1968 füllen die Studierenden Hörsäle, Seminar- und Übungsräume, Aula, Studentenheim und Mensa.

Zur Bewältigung der Berufsaufgaben des Lehrers gehört aber in unserer weltanschaulich pluralistischen Gesellschaft auch leine sachliche und von Verständnis erfüllte Auseinandersetzung mit anderen weltanschaulichen Richtungen und Überzeugungen. Denn in Erziehung und Bildung sind immer existentielle Fragen mitgegeben, die nicht durch Wissenschaft und Vernunft allein, sondern durch letzte, durch religiöse und weltanschauliche Überzeugungen beantwortbar sind. Diesen existentiellen Fragen über Erziehung und Unterricht kann man in der Lehrerbildung wohl ausweichen, gänzlich ausklammern lassen sie sich nicht. An der Pädagogischen Akademie in Krems werden daher existentielle Fragen nicht beiseite geschoben, sondern als solche gekennzeichnet, und es wird versucht, christliche Antworten darauf zu geben. Der Studierende als künftiger Lehrer wird als Christ mit einem Weltauftrag gesehen und daraufhin angesprochen. Sicherlich sind in dieser Hinsicht nicht alle Studierenden in gleicher Weise und im gleichen Ausmaß ansprechbar. Wenn aber wenigstens gewisse Vorurteile, die in Lehrerkreisen gegenüber Kirche und konfessioneller Schule in Geschichte und Gegenwart vorhanden sind, entschärft oder gar abgebaut werden können, ist das ein Erfolg, der auf lange Sicht nicht unterschätzt werden sollte.

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