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Die meisten Hoffnungen erfüllt

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1968 haben in Oberösterreich Bund und Diözese Pädagogische Akademien nach dem Schulgesetz von 1962 errichtet, die sich - ebenso wie die 12 anderen - weiterentwickelt und viele der in sie gesetzten Hoffnungen erfüllt haben. Sie erwiesen sich insbesondere quantitativ als „Bestseller“ und halfen mit, den in der Gründersituation bestehenden und durch die verlängerte Ausbildungszeit noch verstärkten Lehrermangel abzubauen.

Mit der Übernahme der sechsse-mestrigen Hauptschullehrerausbildung (in Oberösterreich seit 1973) erfuhren sie eine bedeutsame Ausweitung ihrer Tätigkeit). Heute wählen' etwa doppelt soviele Maturanten die Ausbildung zum Hauptschullehrer wie1 zum Volkschullehrer. Die Sonderschullehrerausbildung hat nach einem zaghaften Beginn eine Konsolidierung erfahren. Für den Polytechnischen Lehrgang fand sich bisher an keiner Akademie eine entsprechende Zahl von Bewerbern.

Die Pädagogischen Akademien werden ministeriell besonders gefördert und zählen zur Gruppe der bestausgestatteten Schulen Österreichs. Die Opferbereitschaft der Diözesen hat sich darin gezeigt, daß die fünf diözesanen Akademien sehr früh in neue Gebäude eingezogen sind. Auch für die Akademien des Bundes ist mit Ausnahme der Gräzer Akademie je ein Neubau errichtet worden. Das Haus der Akademie des Bundes in Linz steht vor der Vollendung, das der Akademie der Diözese wurde 1973 bezogen und 1975 eröffnet.

Während mit Beginn des Schuljahres 1978/79 die rund 500 Absolventen (drei Viertel sind Damen!) der beiden Linzer Akademien noch in Oberösterreich angestellt werden konnten, wird es bereits im kommenden Jahr wie in den meisten übrigen Bundesländern Engpässe geben. Niemand will den Numerus clausus. Dennoch werden gewisse Steuerungsmaßnahmen notwendig sein. Das Ministerium verbietet seit zwei Jahren den auf Herbst reprobierten Maturanten die Inskription.

Die diözesanen Akademien in Linz und Graz versuchen, die Eignung der Bewerber für den angestrebten Beruf durch umfassende Eignungsuntersuchungen festzustellen. Die gegenüber beiden Maßnahmen wahrscheinlich sehr viel bessere Form wäre die Umgestaltung des 1. Semesters zu einer Art Beratungssemester. Gedacht ist an eine Sequenz von spezifischen Schulungs- und Uberprüfungsphasen mit Beratung, an deren Ende eine relativ gesicherte Prognose gestellt werden könnte, sodaß Fehlinvesitionen von Seiten der Bewerber wie auch von Seiten des Staates vermieden würden.

Der Lehrplan der Pädagogischen

Akademien hat vor allem in der Volksschullehrerausbildung bereits eine Vielzahl von Änderungen erfahren, die dem Betrachter wenigstens zum Teil als Konglomerat von Wünschen diverser pressure groups erscheinen. Das ist in einer demokratischen Gesellschaftsordnung auch durchaus verständlich. Was aber not tut und die schöpferische Kraft der verantwortlichen Bildungsstrategen herausfordern wird, ist die Schaffung einer geänderten Inskriptionsver-

pflichtung. In einem Klima der rastlosen Betriebsamkeit - und dies gilt durchaus auch für die relativ junge Hauptschullehrerausbildung - kann keine fruchtbare Auseinandersetzung mit einem Bildungsinhalt gelingen. Wenn sich der Studierende in einer Woche mehr als 20 oft sehr verschieden strukturierten Teilbeschäftigungen zuwenden muß, gleicht er nach einem gut gewählten Bild einem GewächS, das immer dann wieder aus dem Boden gerissen wird, wenn es gerade begonnen hat, Wurzeln zu schlagen.

Das Ausland, besonders beispielgebend vielleicht England, steuert Modelle bei, wo der Studierende pro Semester intensiv und konzentriert an wenigen projektähnlichen Aufgaben arbeitet. Es scheint, daß hinter solchen Bildungsplänen mehr Glaube an die spätere Fortbildung steht als hinter unseren Auffassungen von einer quantitativen Totalität der Ausbildung. Es kann vermutet werden, daß die hoffentlich bald erfolgende Aufstockung der Ausbildung zum Volksschullehrer auf sechs Semester bei diesem Ausbildungsgang eine Sanierung der Verhältnisse bringen wird. Die darüber hinaus vorliegenden Argumente für die gleichrangige Ausbildung können hier nicht diskutiert werden. Für die Akademien wäre es auf jeden Fall wünschenwert, diese Aufgabe in Angriff nehmen zu dürfen, bevor ihr ändere Sparten wie die im Gespräch befindliche Ausbildung der Heimerzieher und Arbeitslehrerinnen überantwortet werden.

In der Hauptschullehrerausbildung wird es die Akademien noch manche Anstrengung kosten, zwischen den sogenannten Fachwissenschaften und den Spezialdisziplinen der Lehrerbildung ein in der Tat partnerschaftliches Verhältnis herzustellen.

Je mehr sich freilich das wissenschaftliche Selbstverständnis der im eigentlichen Sinn berufsspezifischen Disziplinen der Lehrerbildung konsolidiert, je stolzer die pädagogische Theorie agiert, um so größer wird auch die Gefahr, daß sie sich selbst von der Praxis amputiert. Pädagogik ist die Wissenschaft von einem praktischen Tun, vom Erziehen und Unterrichten. Sie verliert ihre prägende Kraft, wenn sich die beiden Aspekte, das Tun und das Reflektieren über dieses Tun, auf getrennte Personengruppen aufspalten, deren Kommunikation vielleicht auch noch durch Sprachbarrieren gestört wird. Die Übungs- und Besuchsschulen sind als institutionelle Klammer für diesen Konnex bezeichnet worden. Ob diese Klammer hält, liegt nicht nur an der Bereitschaft der Akademielehrer.

Die Ubungsschulen werden ihrerseits umso mehr Faszinationskraft für die theoretischen Pädagogen habende mehr sie die Rolle von Innovationsstätten des pädagogischen Fortschritts sein dürfen und hiefür die entsprechenden Freiräume zugestanden bekommen. Das Ausmaß der Freiräume, in denen sich die Akademien ganz allgemein werden bewegen dürfen, wird ein wesentliches Kriterium für die Beurteilung des Akademiegesetzes sein. Es ist zu hoffen, daß damit ein Modell für die Partnerschaft zwischen Verwaltungsorganisation und Lehrorganisation im schulischen Raum geschaffen wird. Was danach ruft, verwaltet und administriert zu werden, soll auch zentral gesteuert sein. Dazu gehören alle Verantwortlichkeiten gegenüber den Staatsfinanzen sowie die Garantien für ein Mindestniveau der Anforderungen, Fixierung der Gesamtdauer der Ausbildung und andere Probleme dieser Größenordnung.

Daher muß aber respektiert werden, daß sich in den Lehrerkollegien mittlerweile ein imponierendes Potential von Fachautorität angesammelt hat, dessen Kreativität nur dann optimal genutzt werden kann, wenn ihm entsprechende Entscheidungsspielräume zugestanden werden.

(Der Autor ist Direktor der Pädagogischen Akademie der Diözese Linz.)

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