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Digital In Arbeit

In den Beruf nicht nur über die Universität

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Matura, was nun? Diese Frage stellen sich zunehmend viele Maturanten, insbesondere, wenn sie eine Allgemeinbildende Höhere Schule (AHS) absolviert haben, weil ihnen eine konkrete Berufsausbildung fehlt, zunehmend aber auch Berufschancen nach Abschluß eines Hochschulstudiums weniger sicher und überblickbar werden.

Sicherlich war das Ausbildungsziel des Gymnasiums oder Realgymnasiums ursprünglich nur die Vorbereitung auf das spätere Hochschulstudium: Mit dem Ausbau dieser Schultypen in ganz Österreich wurde zwar die „Chancengleichheit“ erhöht, dadurch aber auch die Zahl der möglichen Konkurrenten um Studienoder Arbeitsplätze! Das starke Wachstum dieser Schultypen führte auch dazu, daß viele Jugendliche eine AHS besuchten, die für ein späteres Hochschulstudium gar nicht geeignet sind oder ein solches nicht anstreben. Das verschärft aber die Probleme noch mehr, weil zunächst einmal die Matura keine Berufsausbildung bedeutet, der Maturant aber ohne weitere Ausbildung am Arbeitsmarkt kaum Chancen hat.

Für dieses Weiterlernen gibt es verschiedene Angebote, die sich heute keineswegs1 hur auf den Höehschul-sektor beschränken,. Über diese nichtakademischen Ausbildungsmöglichkeiten gibt es für den Raum Wien eine von der Handelskammer Wien herausgegebene Broschüre „Matura, was nun?“, aber auch das vom Unterrichtsministerium herausgegebene „Abc des berufsbildenden Schulwesens“.

Neben den bekannten Abiturientenkursen (die etwa in einem Jahr zum Niveau der Handelsakademiematura führen) oder den technischen Kollegs (mit zweijähriger technischer Ausbildung zum Niveau der HTL-Matura) gibt es im Bereich der Sozialberufe, des Werbe wesens, der Dar tentechnik und in anderen Gebieten verschieden spezialisierte Ausbildungsmöglichkeiten.

Prognosen über die Berufschancen im allgemeinen sind wegen der unüberschaubaren Entwicklung, der vielen Ereignisse, die ineinander und aufeinander wirken, praktisch unmöglich. Nur so viel dürfte richtig sein: Einerseits steigen noch lange Jahre hindurch die Zahlen der 18- bis 25jährigen, die erstmals einen Arbeitsplatz suchen. Deshalb körinte sich das Aufschieben der Entscheidung über den Berufseintritt, also etwa die Aufnahme des Hochschulstudiums, nur um hier kritische Jahre zu überbrücken, als verhängnisvoller Fehler erweisen.

Anderseits gilt aber eine alte Erfahrung aus der Praxis: ein Ausbildungsgang, der den eigenen Interessen am ehesten entspricht, kann auch dort, wo objektiv wenig Berufschari-cen bestehen, individuelle Erfolgschancen einschließen. Das pädagogische Naturtalent, dessen Idealziel es ist, junge Menschen zu unterrichten, wird sicherlich auch in einer Zeit des Lehrerüberschusses seinen Weg machen, während man ansonsten etwa vom Besuch der Pädagogischen Akademie ebenso wie von vielen Lehramtsstudien an den Universitäten nur warnen kann!

Je mehr der einzelne bereit ist, über das notwendige Minimum in seiner Ausbildung hinauszugehen, Praxiserfahrung (durch Ferialjobs, Zusatzarbeiten während des Studiums) zu erwerben oder sich zusätzliche

Kenntnisse anzueignen, die nicht jeder hat (etwa durch das Lernen nicht alltäglicher Fremdsprachen), um so eher wird er in Zukunft auf dem Arbeitsmarkt begehrt und geschätzt sein!

In die Reihe dieser Qualifizierungsmöglichkeiten fallen auch die neu konzipierten Wifi-Lehrgänge für Maturanten. Hier wird dem Maturanten der Start in ganz bestimmte kaufmännische Berufe erleichtert, hier gibt es aber auch die Chance für den Teilnehmer, sich individuell besonders zu qualifizieren und zu spezialisieren und damit jenen breiten Horizont und jene berufliche Flexibilität zu erhalten, die eben in der Wirtschaft nach wie vor gefragt sind.

Ähnlich schwierig wie für den Maturanten, der nicht studieren will, ist es auch, jenem Tips zu geben, der sich an den Universitäten weiter qualifizieren möchte. Studiengänge, bei denen in absehbarer Zukunft mit Schwierigkeiten wegen Überangebotes an Absolventen oder geringen Angebotes an Arbeitsplätzen zu rechnen ist, sind die meisten Lehramtsstudien, die noch dazu den Nachteil haben, daß sie außer für das Lehramt kaum für andere Berufe vorbereiten, also wenig berufliche Mobilität und Flexibilität ermöglichen.

Auch die Wirtschaftspädagogik als spezialisiertes Lehramtsstudium für Lehrer . kommerzieller Fächer an kaufmännischen Schulen gehört hie-zu, wenngleich durch die Nähe zum betriebswirtschaftlichen Studium eine gewisse Ausweichmöglichkeit gegeben ist. Auch sonst ist der ganze Bereich der wirtschaftwissenschaftlichen Studien problematisch, weil diese Studien in den letzten Jahren s“^i-jib:eTlaüfört;sind.„j: .

Für alle, jene, die mit einer wirtschaftswissenschaftlichen Ausbildung den Weg in die Wirtschaft gehen möchten, gilt eines: Der Student, der im Rahmen seiner betriebswirtschaftlichen Studien Fremdsprachen als Wahlfächer wählt und hier eine gewisse Perfektion erreicht, wird -obwohl das im Studium nicht zwingend vorgeschrieben ist - später einmal kaum Schwierigkeiten haben, bei einem Außenhandelsunternehmen in einer adäquaten Position unterzukommen!

Im Rahmen des Studiums sollte eine sinnvolle, anwendungsorien-tierte Spezialisierung (Fremdsprachen, EDV, Management-Techniken, Außenhandelstechniken) und eine Praxisorientierung (durch Betriebspraktiken, Mitarbeit an konkreten Untersuchungen während des Studiums) angestrebt werden; Auch die sinnvolle Wahl des Diplomarbeitsoder Dissertationsthemas gehört dazu!

Auch die Absolventen technischer Studien brauchen viele wirtschaftliche Erfahrungen, aber auch Fremd-sprachenkenntnisse im Kontakt mit ausländischen Kunden. Wer sich beides zu eigen macht, eine gewisse wirtschaftliche Grundausbildung (die etwa auch vor dem technischen Studium durch einen Abiturientenkurs an einer Handelsakademie erworben werden kann) absolviert und seine Fremdsprachenkenntnisse ausbaut, wird sicher auch auf dem Arbeitsmarkt der Zukunft Chancen haben.

Jedem aber, Maturanten oder Akademiker, sollte klar sein, daß die Zeiten vorbei sind, wo das „Diplom“ allein einen Anspruch auf Führungspositionen gesichert hat. Solche kann man wohl nur noch erreichen, wenn man einerseits neben der Bereitschaft zu Leistung und Engagement auch praxisrelevante Kenntnisse und Erfahrungen und die Bereitschaft zur permanenten Weiterbildung mitbringt, anderseits aber auch den Mut, auch unter jenem Anspruchsniveau ins Berufsleben, einzusteigen, das einmal als passend für Maturanten oder Akademiker gegolten hat.

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