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Wie sieht der „gute Lehrer“ aus?

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Es dauert nur noch wenige Wochen und ein neuer Geburtsjahrgang wird aufgerufen werden, sich in der Schule „einschreiben“ zu lassen. Besorgte Mütter werden ihre Kinder dem Schuldirektor vorstellen und immer wieder nur den einen Wunsch zum Ausdruck bringen, einen guten Lehrer für ihre Kleinen zu bekommen.

Wie sieht er aus? Wie soll er sein? Die pädagogische Wissenschaft hat immer wieder versucht, das rechte Bild von ihm zu entwerfen. Sie hat Idealmodelle aufgestellt, die kaum jemals zur Gänze von Menschen erreicht werden können. Und daß auch der Lehrer nur ein Mensch ist, oft nicht gering mit Sorgen und Kümmernissen beladen, sollte man nicht vergessen. Das Recht aller Menschen, Fehler zu haben, muß man ihm wohl auch zugestehen.

Für die Eltern ist das Problem einfacher, für die ist der beste Lehrer der, bei dem die Kinder am meisten lernen. Strenge nehmen sie in Kauf, Ungerechtigkeit, wirkliche oder vermeintliche, kreiden sie ihm böse an. Kinder und junge Menschen sind anspruchsvoller. Gerechtigkeit allein genügt Ihnen nicht, sie ist Ihnen sozusagen eine selbstverständliche Voraussetzung. Darüber hinaus wollen sie einen Lehrer, der Ihnen mit Verständnis begegnet, ihnen Beachtung und Liebe schenkt, Geduld in reichem Maße besitzt und ein fröhliches Gemüt dazu. Je jünger die Schüler sind, desto mehr wollen sie ihn ganz allein für sich haben, und je älter sie werden, um so mehr fordern sie trotz ihrer oft abrupten Ablehnung und ihres manchmal geradezu aufreizenden Verhaltens seine Anteilnahme an ihren Problemen. Da unsere Zeit den ruhigen Lauf früherer Epochen eingebüßt hat und die menschliche Existenz In Ihren Grundfesten erschüttert zu sein scheint, haben auch die Kinder und Jugendlichen ihr seelisches Gleichgewicht weitgehend verloren. Das ist nicht ihre Schuld, wenngleich die einen mehr, die anderen weniger schwer darunter leiden. So wird die Schule immer mehr auch zum Arbeitsfeld des Psychologen und die Erziehung zu einem Experiment aus Wagnis und Wissenschaft, denn auch sie hat ihre sichere Selbstverständlichkeit eingebüßt. Von der Gesellschaft der Erwachsenenwelt dringender als je gefordert, aber auch kaum weniger als je unterstützt, ist die Schule vielfach ihr einziges Refugium geworden. Dieser Umstand allein erfordert dringend, daß die Zahl der zu betreuenden Kinder In einer Klasse nicht zu groß sei. Das aber setzt voraus, daß genügend Lehrer und Erzieher vorhanden sind. Aber gerade das ist nicht der Fall.

Es ist eine Erscheinung des Wohlfahrtsstaates, daß Sozialberufe nicht gefragt sind. Darum gibt es zuwenig Krankenschwestern, zuwenig Landärzte, zuwenig Priester und zuwenig Lehrer. Kranke Mitbürger drängen sich in überfüllten Wartezimmern, alte und gebrechliche Menschen suchen vergebens Aufnahme In Spitälern und Altershelmen, und die Schulkinder sitzen in viel zu vollen Klassen. Mit 40 Kindern und mehr sind moderne, erzieherisch fruchtbare Unterrichtsmethoden aber nicht mehr durchführbar, auch der beste Lehrer vermag dies nicht.

Darum ergeht der Ruf an die Jugend, an alle Burschen und Mädchen, die Freude im Umgang mit Kindern haben, und die gerne mitgestalten möchten an der Zukunft unseres Volkes: Wählt den Beruf des Volksschullehrers! Das ist heute weniger als je zuvor ein leichter Beruf, aber gewiß einer, der nicht nur materielle Sicherheit verbürgt, sondern auch reiche Innere Befriedigung zu schenken vermag. Nach dem Auslaufen der traditionsreichen Lehrerbildungsanstalten mit diesem Schuljahr vollzieht sich die Ausbildung zum Volksschullehrer an Pädagogischen Akademien. Das hochschulmäßige Studium setzt ein Reifezeugnis einer höheren allgemeinbildenden oder berufsbildenden Schule voraus. Es dauert zwei Jahre (vier Semester) und umfaßt Vorlesungen, Übungen, Lehrversuche owie eine gründliche Einführung in musisch-technische Disziplinen. Auch die Kirche in Österreich ist sich der eminenten Bedeutung der Lehrerbildung bewußt und hat pädagogische Akademien errichtet.

setzt sich zur Aufgabe, Volksschullehrer heranzubilden, die nach Berufsgesinnung, Berufswissen und Berufskönnen geeignet sind, die Aufgaben des Lehrerberufs im Sinne des

Weltauftrages des Christen zu erfüllen. Sie versteht sich keineswegs als geschlossener und geschützter Bereich, sondern vielmehr als offener und freier Raum. In ihr versuchen Lehrer und Studierende gemeinsam und weitgehend unabhängig von fremdem Einfluß und von Dirigismus Probleme des Lehrberufs und zugleich der Bildung und Erziehung in der modernen Gesellschaft geistig und existetiell zu bewältigen. Wenngleich katholische Lehrerbildung der Wissenschaft und damit der Sachgesetzlichkeit verpflichtet ist, wendet sie sich doch in erster Linie an junge Menschen, die religiös und weltanschaulich ansprechbar sind.

Die Pädagogische Akademie der Erzdiözese Wien hat ihren vorläufigen Sitz in Wien VII (1070, Kenyon-gasse 10—12. Unter der Rufnummer 93 51 48 erhalten alle Interessenten gerne jede gewünschte Auskunft.

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