6747774-1967_15_04.jpg
Digital In Arbeit

STEPHAN KOREN / MAHNER ZUM RATIONALEN

Werbung
Werbung
Werbung

„Ich bin keineswegs der Meinung, daß die Welt von Wissenschaftlern regiert werden sollte“, meint Univ.-Prof. Dr. Stephan Koren, der seit dem 31. März Staatssekretär in der Regierung Klaus ist. „Strukturpolitik und wirtschaftspolitische Koordination“ werden etwas geheimnisvoll als sein Tätigkeitsbereich bezeichnet. Die „Zurückdrängung der Interessenpolitik“ sieht Koren als eine weitere Aufgabe seines neuen Arbeitsbereiches in der Regierung an.

Der Wiener Neustädter Arbeitersohn Stephan Koren — Jahrgang 1919 — war im niederösterreichischen Industriezentrum schon früh mit sozialen Problemen konfrontiert worden. Er besuchte die Mittelschule und maturierte 1938 „mit einigen Schwierigkeiten“: Als Mitglied katholischer Jugendorganisationen wurde ihm nach Hitlers Einmarsch die Matura nicht gerade erleichtert. Nach der Matura kam der Militärdienst, der nahtlos in den Krieg überging. Eine schwere Verletzung ermöglichte 1942 dem unfreiwilligen Soldaten den Abschied von der Uniform. Er begann an der Wiener Universität das Studium der Volkswirtschaft, das er 1946 mit dem Doktorat abschloß. Schon während des Studiums hatte er im Wirtschaftsforschungsinstitut zu arbeiten begonnen. Koren wollte sich ursprünglich diesem Institut nur für kurze Zeit zur Verfügung stellen, um mit der

wirtschaftswissenschaftlichen Praxis in Berührung zu kommen. Doch dieses Provisorium erstreckte sich schließlich auf zwei Jahrzehnte.

In diesen zwei Jahrzehnten beschäftigte sich Koren praktisch mit allen Fragen der österreichischen Wirtschaft, vor allem auf empirischer Basis. Der angewandten Wissenschaft schloß sich die akademische Laufbahn an. Mit seiner Untersuchung über „Sozialisierungsideologie und Verstaatlichungsrealität in Österreich“ habilitierte er sich 1964 an der rechts- und staatswissenschaftlichen Fakultät der Universität Wien, und 1965 wurde er als Ordinarius nach Innsbruck berufen. Dabei mußte eine Schwierigkeit überwunden werden: Die Sozialisten hatten zuerst gegen diese Berufung in der Bundesregierung Einspruch erhoben; aus „formalen Gründen, nicht wegen der Person“, wie Koren betont — die Innsbrucker Fakultät hatte einen Zweiervorschlag anstatt des im Gesetz vorgesehenen Dreiervorschlages erstellt. Während der zwei Jahre in Innsbruck blieb Professor Koren in enger Verbindung mit dem konkreten wirtschaftlichen Geschehen: in Arbeitsgruppen des Beirates für Wirtschafts- und Sozialfragen, in verschiedenen Fachkommissionen, als Konsulent des Wirtschaftsforschungsinstituts.

Ende 1965 trat die Politik an ihn heran. Bundeskanzler Klaus lud Professor Koren, der auch heute, als Regierungsmitglied, nicht Mitglied der ÖVP ist, zur Mitarbeit in der „Aktion 20“ ein, in der Koren die Patronanz über die wirtschaftlichen Fragen übernahm. Nach der Überwindung des Säuglingsalters dieser „Aktion 20“ und des Wahlkampfes 1966, mit dem die „Aktion“ nicht ganz zufällig in Verbindung gebracht wurde, sieht Prof. Koren die Ergebnisse dieser Vermählung von Wissenschaft und Politik grundsätzlich positiv: „die .Aktion 20' war eine Initialzündung, aber man darf sich von ihr natürlich keine Wunder erwarten.“ Es seien Anfänge gesetzt worden, es sei begonnen worden, langfristige Prognosen vorzubereiten. Vor allem auf ökonomischem Gebiet sei es ja notwendig, die Richtung der wirtschaftlichen Dynamik zu erkennen und danach die Wirtschaftspolitik auszurichten. Und so versteht Koren die Aufgaben einer modernen Strukturpolitik, der er als „Mahner zum Rationalen“ in der Regierung mehr Geltung als bisher verschaffen will, „nicht im Erhalten von dem, was ist“, sondern in der Vorausschau des Neuen, des Kommenden.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung