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PROF. DR. STEFAN KOREN SPURT ZUR SPITZE

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Vor einem Jahr nannte die „Furche" das jüngste Regierungsmitglied „Mahner zum Rationalen". Und sie begrüßte den Mann, der bei seinem Amtsantritt als Staatssekretär des Bundeskanzleramtes — mit ziemlich ungeklärtem Aufgabenkreis — sagte: „Ich bin keineswegs der Meinung, daß die Welt von Wissenschaftlern regiert werden sollte."

Jetzt hat Österreich den Wis senschaftler Koren als einen der wichtigsten Säulen der Regierung. In der barocken Atmosphäre des Prinz-Eugen-Palais hat er die Beamten des Finanzressorts ebenso an seinen Stil der Rationalität gewöhnt wie die Politiker in der warmen Frühlingssonne des Semmering.

Dort umbrandeten ihn allerdings die heißen Wogen des Unmuts der Interessenverbände, voran der Bauern. Aber Korens Ruhe verblüffte die politischen Profis der mittleren Ränge, die in dem Wissenschaftsappeal der Regierung Klaus ja sowieso die „Abwertung der Politiker“ wittern. Koren ist der große Sieger des niederösterreichischen Kurorts an der steirischen Grenze. Er ist zu einer der drei Säulen der ÖVP- Führung geworden.

Neben Klaus und Withalm legte als dritter Hauptredner der 49jährige Invalide seine Grundsätze zur Sanierung der kommenden Budgets und der gesamten österreichischen Volkswirtschaft dar. Und er bietet den ÖVP- Bünden keine Alternativen: weil sein Konzept Gruppenegoismus überhaupt ausschließt: „Meine wichtigste Aufgabe ist es, allen, die es hören oder auch nicht hören wollen, täglich und stündlich zu erzählen, was wirtschaftspolitisch unumgänglich ist.“

Der Kometenaufstieg des geborenen Wiener Neustädters, den vor zwei Jahren nur wenige kannten und der heute von jeder Plakatwand lächelt, begann mit seiner Berufung als einer der Arbeitskreisleiter der „Aktion 20“ durch Dr. Klaus. Am Bundesparteitag der Volkspartei hörte ihn erstmals auch das Parteivolk der ÖVP als Referent über „Wohlstand durch Wirtschaftskraft“.

Aber auch zum Zeitpunkt, als ihn Klaus in die Regierung holen wollte, war er noch kein Begriff: der Sekretär des Bundeskanzlers verband Klaus nicht mit dem Professor, sondern mit dem steirischen Landeshauptmannstellvertreter gleichen Namens. Als Staatssekretär machte er sich sofort daran, dm verflachte Konjunktur durch einen Vorschlagskatalog von Maßnahmen anzukurbeln. Dieser brauchte fast ein Jahr, um das Sieb der Bünde-

politik der ÖVP zu passieren. Jetzt da die Budgetnot der ÖVP die Kehle zuschnürt, konnte der Koren-Plan und die Budgetsanierung endlich in Angriff genommen werden.

Koren ist, auch angesichts der Budgetprobleme für 1969 und 1970, die noch kein Finanzminister seit 1945 so problemreich fand, weiterhin optimistisch. Sportlich verspricht er einen harten, aber interessanten Spurt. Denn Sportlichkeit zeichnet den Invaliden mit sechs Kindern aus: als Kampfflieger zerfetzte ihm eine russische Granate den Arm, als Werkstudent holte er sich 1946 den Doktor der Wirtschaftswissenschaften. Mit seiner Familie bewohnt er ein Weinhauerhaus und beweist der Umwelt, daß auch nur eine Hand zur Führung eines Regiments genügt.

Viel von seiner harten Sportlichkeit wird das neue Eck im eisernen Dreieck der ÖVP-Füh- rung bis 1970 brauchen, um die eigenen Freunde abzuwehren. Sie bohren schon hinten und vorn am Konzept des Stefan Koren.

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