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Wasser im Wein

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Der Kammeramtsdirektor Nationalratsabgeordneter Dr. Staribacher (SPÖ) lobte in seiner Rede zum Budget 1969 vor dem Nationalrat, unverhofft für die ÖVP, den Koren- Plan. Allerdings... er lobte nicht den Koren-Plan, den der Finanz- minister vor dem Sommer der Öffentlichkeit in gedruckter Form vorgelegt hatte, und er lobte keineswegs das Budget, das auf Grund dieses Koren-Planes für das Jahr 1969 jetzt dem Parlament vorliegt. Die wenn auch sehr vorsichtige Laudatio galt vielmehr jenem Plan, den der Universitätsprofessor Dr. Koren noch als Staatssekretär erarbeitet hatte.

Staribacher meinte, daß der Finanzminister Koren dieses Konzept des Staatssekretärs Koren zwar zu realisieren versuchte, aber die hündischen Interessen in der ÖVP dazu führten, daß Wasser in den Wein dieses ursprünglich interessanten Wirtschaftskonzeptes gegossen wurde. Neuerlich stark verwässert sei dieses Konzept aber im jetzigen Budget.

Tatsächlich ist man auch in der ÖVP einig, daß dieses Budget eine Notlösung darstellt.

Die festen Ausgaben haben — wie wir bereits mehrmals berichten konnten — einen so hohen Anteil erreicht, daß für gezielte Investitionsmaßnahmen nur noch wenig überbleibt und dies,

• obwohl erhöhte Steuern ab Sommer 1968 bzw. ab 1. Jänner 1969 ohnehin bereits eingeplant werden mußten;

• und obwohl trotz dieser Maßnahmen das Budgetdeflzit für österreichische Begriffe mit 8 Milliarden Schilling noch immer relativ hoch liegt

„Wenig Kritik — viele Wünsche“

Dieses Budget als Investitionsbudget zu bezeichnen, war falsch. Sicher war es unter den bestehenden

Umständen eine relativ gute Lösung, aber eben nur eine relativ gute Lösung. Denn auch in den eigenen Reihen der Regierungspartei und selbst unter den Regierungsmitgliedern gibt man mehr oder minder offen zu, daß viele Wünsche offen blieben.

• So klagt der Bautenminister über eine zu geringe Dotierung des Autobahnbudgets, denn mit 1,5 Milliarden Schilling pro Jahr kann man die derzeit geplanten Autobahnen frühestens in 20 Jahren fertigstellen.

• Der Unterrichtsminister ist sich darüber klar, daß angesichts des noch immer herrschenden Mangels in den Universitäten für ihn das Budget keineswegs die optimalste Summe erbrachte.

• Und auch in den anderen Ressorts führten trotz Schweigepflicht während der Budgetberatungen in der Regierung nachher die Ressortchefs

Klage darüber, daß verschiedenste Forderungen unberücksichtigt bleiben mußten.

Relativ zufrieden ist man eigentlich nur bei den Agrariern, weil man mit intensivem Druck erreicht hatte, daß die ursprünglich prälimi- nierten Abstriche Im erträglichen Rahmen blieben.

Die Budgetdebatte selbst zeigt im heurigen Jahr eigentlich jenen selben Trend, der sich bereits in den Budgetausschußdiskussionen dokumentiert hatte. Die „Presse“ hatte ihn mit dem Satz ..wenig Kritik — viele Wünsche“ gekennzeichnet. Wer von der SPÖ schon im heurigen Jahr das große Halali auf die Regierungspartei erwartet hatte, wurde enttäuscht. Die Budgetdebatte verläuft von beiden Seiten eher sachlich, die Kraft der Zwischenrufe blieb bisher im Vergleich zum Vorjahr eher in bescheidenen Grenzen.

Daß die SPÖ nicht auf Angriff um jeden Preis eingestellt ist, führt man auf verschiedene Umstände zurück, so daß erst im nächsten Jahr nur wenige Wochen vor der Wahl zweifellos der letzte Großangriff bei der Budgetdebatte auf die Regierungspartei gestartet werden dürfte, • daß man sich auch in der SPÖ selbst darüber klar ist, daß unter den derzeitigen wirtschaftlichen Gegebenheiten auch eine SPÖ als Regierungspartei mit denselben, wenn nicht sogar mit größeren Schwierigkeiten zu kämpfen hätte,

• und daß man, wenn man 1970 Chancen haben wolle, Regierungspartei zu werden, schon jetzt der Öffentlichkeit den Stil der Sachlichkeit vorspielen müsse, wo Polemik allein nichts verloren hat.

Den Stil der Sachlichkeit versuchte man aber auch noch stärker bei der ÖVP hervorzukehren. Vor allem die Regierungsmitglieder, schon an oppositionelle Angriffslust gewöhnt, ließen sich in der bisherigen Budgetdebatte kaum provozieren.

So wurde bisher erst die Affäre Euler zu einem der Höhepunkte der bisherigen Plenumssitzungen im Nationalrat, und wer in den diversen Tageszeitungen in Bildberichterstattungen die Parlamentssession verfolgte, mußte aus den freundlichen Gesichtem, wenn sich ÖVP- und SPÖ-Spitzenmandatare trafen, entnehmen, wir seien wieder in rosige Zeiten der Koalition, wo ohnehin schon vorher alles abgesprochen war, zurückgekehrt.

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