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WALTER VAVROVSKY / KONZENTRATIONEN DES BURGERSINNS

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Als der Hauptmann der Reserve Dr. Walter Vavrovsky, in Zivil Vizebürgermeister der Stadt Salzburg, nach dem Herbstmanöver das Feldgrau der Bun-desheeruniform wieder mit dem Steingrau des Salzburger Anzuges vertauschte, wartete im Schloß Mirabell bereits ein großes Pensum auf ihn. Beim Kremser Symposion über die Probleme der Altstadterneuerung, an dem der Amtsnachfolger des verstorbenen Vizebürgermeisters Donnenberg bald darauf teilnahm, fand seine Anregung allgemeine Zustimmung: Dr. Vavrovsky schlug vor, daß sich alle österreichischen Städte und Marktgemeinden, die für die Erhaltung künstlerisch und historisch wertvollen Altbestandes sorgen müssen, zu einer Arbeitsgemeinschaft zusammenschließen sollten. Der Gedanke lag nahe, gewiß. Doch der Salzburger, der die Bedächtigkeit des Alpeniänders mit der Dynamik und der Formulierungsgabe des großstädtischen Intellektuellen verbindet, sprach ihn aus, machte aus der selbstverständlichen Erwägung einen konstruktiven Punkt im Forderungsprogramm.

Ahnliche Vorschläge hatte Doktor Vavrovsky bereits im Sommer bei der Enquete über Altstadtsanierung in Salzburg geäußert, und vor kurzem referierte er im Salzburger Presseklub über die gleichen Probleme, Sieben markante Argumente stellte er zur Diskussion, darunter die Forderung, daß vom Landtag so bald als möglich eine den besonderen baulichen Gegebenheiten der Bischofsstadt entsprechende „lex Salisburgensis“ erlassen werde. Bei der Kommunal- und Landes-politik liegt es, zu verhindern, daß plakative Notsignale, wie „Herzalarm für Alt-Salzburg!“ (Max Kaindl-Hönig) und „Die demolierte Schönheit“ (Hans Sedlmayr), im Knattern der Preßluftbohrer untergehen.

Der 49jährige Vizebürgermeister, als Sohn eines Offiziers in Zell am See geboren, hatte sich von Jugend auf organisatorisch betätigt. Während des Studiums der Rechts- und Staatswissen-schaften war er 1937/38 Führer des vaterländischen Ostmärkischen Studentenbundes der Universität Innsbruck. Kaum promoviert zur Wehrmacht eingezogen, erlebte er den Krieg an der Front und bei Stäben, zuletzt in der Heeresnachrichtenschule und im Oberkommando des Heeres. Aus dem abgerüsteten jungen Offizier wurde im „Jahre Null“ ein Gerichtspraktikant, 1946 eröffnete Dr. Vavrovsky in Salzburg seine eigene Rechtsanwaltskanzlei. Überdies wirkte er im Ausschuß der Salzburger Rechtsanwaltskammer, deren Vizepräsident er drei Jahre lang war. Strenge, methodische Zeiteinteilung ermöglichte es dem initiativen Juristen, auch der österreichischen Jugendbewegung und dem Österreichischen Akademikerbund in führender Position zur Verfügung zu stehen.

1957 ging er in die Kommunalpolitik und sammelte jahrelang Erfahrungen als Stadtrat. Im vorigen Jahr zum Vizebürgermeister ernannt, übernahm er eine Reihe von Ressorts, darunter die städtischen Wirt-schaftsbetriebe, das Wohnungs-referat, die Stadtplanung und das Universitätsreferat, das ihn zur Zeit besonders beschäftigt. Die neue Salzburger Hochschule, nach Roland Rainers Planung im Gebiet zwischen Mönchsberg und Leopoldskron anzulegen, könnte nach Dr. Vavrovskys Worten bei einer Diskussion im Salzburger Presseklub eine „Park-Universität“ werden, wie sie „einmalig in der ganzen Welt“ wäre. „Aber kein Campus!“ betont der Vizebürgermeister. „Es geht uns darum, die Hochschule räumlich und funktionell in die Stadt einzugliedern.“ Die Universitätsbehörden sollen in der Altstadt zentralisiert werden, wo bereits der Wallis-Trakt der Residenz für den Lehrbetrieb adaptiert wurde.

Zu den zahlreichen Planungen auf kürzere Sicht, die Doktor Vavrovsky in Anspruch nehmen, gehört der Vorbereitung eines weiteren Symposions über Altstadterneuerung, das im Frühjahr die Kremser Tagung in Salzburg sinngemäß fortsetzen soll.

„Geschichtsträchtige Konzentrationen des Bürgersinnes“ nannte Dr. Vavrovsky kürzlich in einem Interview mit dem Intendanten von Radio Salzburg, Dr. Paul Becker, die alten Städte Österreichs. Er selbst besitzt, modern orientiert, ein gerüttelt Maß solchen Bürgersinns. Und diese Eigenschaft ist heute ziemlich selten ..

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