Der Held ist der Dirigent

Werbung
Werbung
Werbung

„Siegfried“ und „Götterdämmerung“ als Schlusssteine des Bayreuther „Rings“.

Er ist zweifellos der Held und Triumphator von Bayreuth: Denn wie Christian Thielemann den musikalischen Makrokosmos Richard Wagners mit dem motivischen Geflecht im Festivalorchester in den letzten beiden Teilen des „Ring des Nibelungen“ klangprächtig aufblühen lässt, aber auch detailreich, subtil und durchsichtig modelliert und mit zaubernder Schwärmerei ausstattet, ist einfach brillant.

Sängerisch läuft es jetzt auch besser: Stephen Gould, der auch an der Wiener Staatsoper in dieser Rolle zu hören war, ist derzeit wahrscheinlich ein konkurrenzloser Siegfried. Trotz der kräfteraubenden, mörderischen Partie, in der er immer wieder höchste Töne stemmen muss, zeigt er bis zu seinem Bühnentod nur kleine Ermüdungserscheinungen. Linda Watson singt die Brünnhilde bis auf ein paar Spitzentöne und unschöne Vibrati mühelos. Trotz seines knorrigen Timbres in der Tiefe ist Albert Dohmen diesmal ein präsenterer Wotan, der sich jetzt Wanderer nennt. Andrew Shore ist wiederum ein ausdrucksstarker Alberich, Hans-Peter König ein machtvoller Fafner und am letzten Abend ein imposanter, aber wenig böser Hagen. Vital hört man Gerhard Siegel (Mime), strahlend Edith Haller (Gutrune) und forcierend Ralf Lukas (Gunther).

Die Inszenierung von Tankred Dorst bleibt beiläufig, unentschlossen, inkonsequent, wenig emotionalisierend, ohne Deutungen und weiterhin mit unsinnigen Aktualisierungen als reinem Selbstzweck, wie Liebespärchen, Kindern, Radfahrern, Arbeitern, einem lebensgroßen Hahn etc. angereichert. So lässt er in den Kulissen von Frank Philipp Schlößmann den „Siegfried“ als herumtollendes, kraftstrotzendes Riesenbaby mit Bärenfell und Teddybär in einem heruntergekommenen Klassenzimmer oder in einem Wald mit abgeschnittenen Bäumen, über die eine in Bau befindliche Straßenbrücke (?) führt, spielen. Für den Kampf mit dem Drachen ist ihm nur roter Nebel eingefallen.

In der „Götterdämmerung“ sitzen die Nornen statisch auf einem Haufen von Gebeinen, ein Schicksalsseil ist nicht erkennbar. Die Gibichungenhalle ist ein nüchternes, mehrstöckiges Hotel mit vielen schicken Menschen. Und zum Finale des Endzeitdramas lässt er fantasielos lediglich roten Rauch versprühen. Trotzdem: Viel Jubel und einige Buhs!

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung