Der Ton macht die Musik

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Sie kennen doch dieses alte Wahrwort und haben bis jetzt so wie ich geglaubt, daß das nur auf musikalische Hervorbringungen anzuwenden ist. Weit gefehlt! Unsere Gesellschaft hat sich der guten Manieren entledigt, und so darf heute jeder seiner Zunge freien Lauf lassen. Glaubt er wenigstens. Das haben die Herrschaften wahrscheinlich von sich zur Zeit moderat gebenden Mundwerksburschen gelernt und denken, was er darf, darf ich doch sicher auch. Danke, Jörg! Und so schleudern honorige Mitglieder der sogenannten guten Gesellschaft ihre Wortbumerangs durch die Gegend, und niemanden wundert mehr, daß Schmähworte sich im Flug zu Hackeln ins Kreuz transformieren.

Ich weiß schon, das Abendland wird deswegen nicht untergehen, aber es wird immer trauriger und trostloser. Intendanten beleidigen TV-Beruhigerinnen - ich mag das Wort Moderatoren nicht -, und reden vom Halsumdrehen. Präsidentinnen werden zu Vollgöttinnen, und aus gräflich salzburgischem Mund strömt ein Grauswort nach dem andern, genauso selbstverständlich, wie die nachfolgende Entschuldigung. Feig auch noch - des gfoit ma!

Und alles weil es wieder einmal um Posten geht und man wieder und wieder nach der Schule des nach Berlin geflüchteten Bochumers um einen starken Abgang bemüht ist. Ich weiß schon, die Schau muß weitergehen, aber mit dieser Musik ist sie gar zu grauslich. Geht ja in einem Aufwaschen, wenn gleichzeitig auch der Herr BP und die große Volksschauspielerin Inge Konradi niedergeschmäht werden.

Der Ton macht die Musik? Diesmal ist es eine Kakophonie sondergleichen geworden. Schlechte Beispiele werden eben eher nachgeäfft als gute. Nochmals danke, Jörg! Dabei handelt es sich wie so oft auch diesmal um den Salzburger Jedermann. Man kann zu ihm und Hugo von Hofmannsthal stehen wie man will, aber sehr zum Ärger der "Fortschrittlichen" (nebbich) gehört er zu den Festspielen wie die Mona Lisa zum Louvre. Wenn ich dort das berühmte Frauenbildnis anschauen will, will ich auch nicht erleben, daß es irgendein Künstler übermalt und "korrigiert". Es versucht ja auch niemand Mahlers Fünfte oder Bruckners Zweite Symphonie umzukomponieren. Möge Gott uns vor solchem Tun schützen, vor mieser Gestaltung und üblem Ton, denn auch er - der üble Ton - macht die Musik.

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