Diabetes: Warum mehr Frauen darunter leiden

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Ihre erste und langjährige Forschung widmete sich eigentlich einem „Frauenthema“: dem Schwangerschaftsdiabetes, einer Diabetesform, die erstmals während der Schwangerschaft auftritt und meist mit der Geburt des Kindes oberflächlich betrachtet wieder abklingt. Und doch stieß Alexandra Kautzky-Willer im Zuge dieser Forschungsarbeit auf immer mehr Ergebnisse, die Unterschiede bei der Diabetes-Erkrankung zwischen Männern und Frauen offenlegten. Seit Jänner hält die Endokrinologin (Hormonfachärztin) und Stoffwechsel-Expertin den ersten Lehrstuhl für Gender-Medizin (geschlechtsspezifische Medizin) an der Medizinischen Universität Wien inne. Seit 2002 ist sie zudem Leiterin der Ambulanzen für Diabetes, Lipide (Blutfette) und Adipositas (Übergewicht) an der Universitätsklinik für Innere Medizin III in Wien.

Die 48-jährige Wienerin will in ihrer neuen Funktion ein nationales und internationales Netzwerk an Wissenschafterinnen und Wissenschaftern aus allen Bereichen aufbauen, die sich mit geschlechtsspezifischer Forschung beschäftigen. Sie wolle wissenschaftliche Daten sehen, sagt sie im Interview (oben). Genau diese kann sie selbst in ihrer langjährigen Forschung vorweisen: So wurden Frauen, die während der Schwangerschaft an dieser Stoffwechselstörung erkrankten, in einem Langzeitprojekt nachbetreut. Dabei wurde festgestellt, dass sich die Entstehung des Diabetes, aber auch anderer chronischer Erkrankungen wie Übergewicht und damit verbundene Komplikationen bei Männern und Frauen unterscheiden.

Frauen weisen häufiger eine gestörte Glukosetoleranz auf (erste Hinweise auf eine mögliche Diabetes-Erkrankung), sowie frühzeitige Hinweise für Gefäßveränderungen und eine Veränderung der Blutgerinnung. Frauen mit Diabetes tragen mehr Risiken für eine Herzkreislauferkrankung. Zudem erreichen sie die vorgegebenen Zielwerte für Blutdruck und Blutfette seltener als Männer mit derselben Erkrankung. Weiters wurde erforscht, dass Migrantinnen ein 3,5-fach erhöhtes Diabetes-Risiko aufweisen, Migranten ein 1,7-faches im Vergleich zu in Österreich Geborenen. Das ist neben genetischen Faktoren vor allem auf den Lebensstil, den sozialen Status und vermehrtes Übergewicht zurückzuführen.

Die Stoffwechselerkrankung Diabetes wurde mittlerweile zur „Volkskrankheit“. Es ist eine chronische Erkrankung, die aufgrund eines Insulinmangels und/oder einer Unterempfindlichkeit der Körperzellen für das Hormon Insulin entsteht. Die Erkrankung wird durch fettreiche Ernährung, Bewegungsmangel, Rauchen, Bluthochdruck, Übergewicht und durch das fortgeschrittene Alter begünstigt. Besonders der Typ-2-Diabetes tritt aufgrund des modernen Lebensstils immer häufiger auf. Laut Österreichischer Diabetes Gesellschaft leben an die 500.000 Menschen mit dieser Erkrankung hierzulande. Der Typ-1-Diabetes tritt wiederum eher bei jungen Menschen auf, davon sind etwa 50.000 Menschen betroffen. Laut Expertin ist der Trend steigend. Frauen erkranken häufiger, was auf die höhere Rate im Alter zurückzuführen ist. Bei beiden Geschlechtern ist Diabetes außerdem mit einem höheren Risiko für Depressionen, neurodegenerativen Erkrankungen (des Nervensystems) und dem häufigeren Auftreten von bestimmten Tumoren verbunden. (bog)

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