Ein gesünderes Leben durch

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Richtige Ernährung, ausreichend Bewegung und Vermeidung klassischer Risikofaktoren wie Rauchen können das Leben bis zu 20 Jahre verlängern.

"Was hält den Menschen gesund?“ Das fragte sich der US-amerikanische Medizinsoziologe Aaron Antonovsky und revolutionierte damit vor rund 30 Jahren das Verständnis von Gesundheit und Krankheit. Bis dahin nämlich hatte die Frage stets gelautet: "Warum wird der Mensch krank?“ Antonovsky (1923-1994) jedoch wollte wissen, welche Faktoren die Gesundheit positiv beeinflussen und wie die Gesundheit erhalten werden könne. Auf diesem Gedanken basiert heute Gesundheitsförderung. Dieses Konzept, dessen gesellschaftlicher Stellenwert immer größer wird, reicht weit über bloße Prävention, also Krankheitsvermeidung, hinaus. Ohne jenes starke Gesundheitsbewusstsein wären die jüngsten Rauchverbote wohl nicht durchsetzbar gewesen.

Österreich hat Nachholbedarf

Gesundheitsförderung und Prävention wirken. Durch Rauchverzicht kann die Lebenserwartung um zirka acht Jahre verlängert werden, ausreichend Bewegung bringt bis zu sechs Jahre, die Einhaltung des Normalgewichts zweieinhalb und eine gesunde Ernährung weitere zwei Jahre. "Insgesamt können durch eine gesunde Lebensführung 15 bis 20 Lebensjahre gewonnen werden“, rechnet Johannes Bonelli, Direktor des Instituts für medizinische Anthropologie und Bioethik (IMABE) in Wien, vor. Krankheitsprävention kann der Gesellschaft auch helfen, volkswirtschaftliche Kosten einzusparen: Laut einer Untersuchung des Instituts für Höhere Studien (IHS) könnten Maßnahmen gegen mangelnde Bewegung Einsparungen von rund 3,6 Milliarden Euro bzw. 1,7 Prozent des Bruttoinlandsproduktes bringen.

Trotz dieser Erkenntnisse steht es in Österreich schlecht um Prävention und Gesundheitsförderung: Die mangelnde Prävention sei "die entscheidende Schwachstelle“ des österreichischen Gesundheitssystems. Zu diesem Ergebnis kommt eine jüngst veröffentlichte Studie des Österreichischen Instituts für Wirtschaftsforschung (WIFO). Demnach liegen die Ausgaben für Prävention mit 1,8 Prozent der Gesundheitsausgaben deutlich unter dem EU-Durchschnitt (2,9 Prozent).

"1,8 Prozent sind zu wenig“, stimmt Christa Peinhaupt zu. Die Leiterin des Fonds Gesundes Österreich (FGÖ) räumt freilich ein: "Diese Daten sind mit Vorsicht zu genießen.“ Denn zum einen ist die Trennlinie zwischen Prävention und medizinischer Vorsorge unscharf, zum anderen fließen die Ausgaben für gesundheitsfördernde Maßnahmen in Betrieben oder Schulen nicht in die genannte Zahl ein, so Peinhaupt.

Der Grund für diese Verwirrung liegt in der grundlegenden Veränderung, die das Verständnis von Gesundheit und Krankheit in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten durchlaufen hat. Verstand man lange Zeit Gesundheit in erster Linie als bloße Abwesenheit von Krankheit, so wird Gesundheit heute positiv definiert: als umfassendes körperliches, seelisches und soziales Wohlbefinden.

Gesundheitspolitik ist mehr …

Mit anderen Worten: Gesundheitsförderung und Prävention finden gar nicht im Gesundheitssystem - das ja in Wahrheit ein Krankenbehandlungssystem ist - statt. "Gesundheitsförderung beinhaltet weit mehr als medizinische und soziale Versorgung und findet daher primär nicht in den Krankenhäusern oder den Arztpraxen statt“, betont FGÖ-Chefin Peinhaupt: "Gesundheitspolitik ist eigentlich Sozial- und Bildungspolitik“, so die Leiterin jener Bundeseinrichtung für Gesundheitsförderung und Prävention.

Gesundheitsförderung und Prävention sind nicht ganz dasselbe. Prävention basiert auf dem Wissen, was krank macht: zum Beispiel Tabak- oder Alkoholkonsum, fettreiche Ernährung, Bewegungsarmut, Übergewicht. Menschen sollen motiviert werden, diese Risikofaktoren zu vermeiden und sich für eine gesunde Lebensführung zu entscheiden. Die Effizienz von Präventionskampagnen ist durchaus umstritten. Während FGÖ-Leiterin Peinhaupt auf erfolgreiche Präventionskampagnen verweist, sieht der deutsche Evaluationsforscher Wolf Kirschner in den meisten Fällen bloße "Präventionsrhetorik“ und "symbolische Politik“. "Präventionskampagnen ohne Kontextbeeinflussung bringen überhaupt nichts“, behauptete Kirschner auf dem vom IMABE veranstalteten Symposium "Lebensstil und persönliche Verantwortung“: Eine Kampagne für gesunde Ernährung zum Beispiel bringe nur dann etwas, wenn auch in Betriebs- oder Schulkantinen entsprechende Speisen angeboten werden, nach Möglichkeit billiger als ungesunde Kost.

Genau dort setzt Gesundheitsförderung an. Diese strebt danach, die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen und damit den Alltag so zu verändern, dass die Entscheidung für einen gesunden Lebensstil naheliegend und einfach ist. "Die Lebensbedingungen, die für Gesundheit und Wohlbefinden entscheidend sind, sollen so gestaltet sein, dass die Menschen ihr eigenes Gesundheitspotenzial leben und verwirklichen können“, erklärt Christa Peinhaupt.

Gesundheitsrisiko Stress

Die heißesten Eisen auf dem Gebiet der Gesundheitsförderung sind derzeit die Bereiche Ernährung/Bewegung und seelische Gesundheit. Die WHO definiert sieben Hauptrisikofaktoren für das Entstehen von Krankheiten, fünf davon stehen in einem engen Zusammenhang mit Ernährung. Mögliche Folgen sind Erkrankungen wie Diabetes mellitus, Arteriosklerose, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Schlaganfall, Adipositas oder Krebs. Bewegungsmangel ist ein zentraler Risikofaktor für die Entstehung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen sowie Übergewicht bzw. Adipositas. Regelmäßige Aktivität führt zu Anpassungserscheinungen in der Muskulatur, an Herz und Kreislauf, der Lungenfunktion sowie des Fett- und Zuckerstoffwechsels. Die Fließeigenschaften des Blutes und der Blutdruck werden verbessert, das Immunsystem gestärkt.

Psychische Beschwerden und Störungen stellen laut FGÖ auch einen Risikofaktor für körperliche Erkrankungen dar. Lang anhaltender Stress zum Beispiel wirkt sich negativ auf Herz-Kreislauf-System und Immunabwehr aus und verstärkt die Anfälligkeit für Diabetes, Bluthochdruck, Infektionen und Herzinfarkt. Psychiatrische Erkrankungen stehen mittlerweile an erster Stelle bei den Gründen für Invaliditätspensionen und verursachen hohe Kosten. Fachleute berechneten, dass die fünf häufigsten psychischen Erkrankungen in Österreich jährlich 7,6 Milliarden Euro kosten.

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