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Schweiz im EWG-Vorzimmer

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„Wenn es unvermeidlich ist, daß die Großstaaten wegen ihrer größeren Möglichkeiten und ihrer Macht den Weg zur Bildung von Wirtschaftsgruppen zwischen sich und den kleineren und schwächeren Nationen bahnen, so ist nichtsdestoweniger das Recht auf Achtung ihrer Freiheit im politischen Bereich unbestreitbar wie auch das Recht auf wirksamen Schutz jener Neutralität in den Streitigkeiten zwischen den Staaten, die ihnen nach dem Natur-recht und dem Völkerrecht zukommt. Ferner das Recht auf Schutz ihrer wirtschaftlichen Entwicklung, da sie nur so auf angemessene Weise das Gemeinwohl, das materielle und geistige Gedeihen des eigenen Volkes verwirklichen können.“

Wiewohl es aus einer anderen weltpolitischen Situation heraus gesprochen wurde, ist das diesem Bericht vorangestellte, einer WeihnachtsboZürich: Warten auf den Zug schaff Papst Pius' XII. entnommene Wort dank seiner allgemein gültigen Formulierungen auch in der heutigen integrationspolitischen Situation Europas bedenkenswert. Der Papst spricht es mit kaum zu überbietender Eindringlichkeit aus:' auch wenn wirtschaftliche Zusammenschlüsse unvermeidlich sind, auch wenn solche Zusammenschlüsse unter Anführung der großen Mächte ins Werk gesetzt werden müssen, so ist es doch notwendig, daß sie das Recht der Kleinen und Neutralen auf politische Eigenständigkeit und wirtschaftlichen Fortschritt achten. Dieses Papstwort bringt beredt die Hoffnungen und Befürchtungen der Schweiz angesichts der wirtschaftlichen und politischen Einigungsbestrebungen in Europa zum Ausdruck.

Man verkennt die schweizerische Einstellung zur europäischen Integration, wenn man aus der vorsichtigen Behandlung dieser Fragen eine grundsätzliche Abneigung der Eidgenossen zu den europäischen Einigungsbestrebungen herausliest.

„Nume nid gsprängt“, sagt man in Bern immer dann, wenn man in einer Frage noch nicht recht sieht, wohin die Entwicklung geht. Diese Haltung ist nicht zu verwechseln mit dem Rezept „Kommt Zeit, kommt Rat!“. Sie ist nicht eine Frage der Hilflosigkeit und Phantasielosigkeit, sondern lediglich des Tempos und des Tempera-

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