Im Feiertagsg’wandl

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Eine Besetzung für den Titus Feuerfuchs wurde über Facebook gesucht. Doch von den jungen Schauspielern, die sich meldeten, passte keiner so recht in das Ensemble. So übernahm der Regisseur Franz Herzog heuer zum ersten Mal selbst eine Rolle in einer Aufführung seiner Fischamender Spielleut. Seit mehr als fünfzehn Jahren leitet Herzog die Laiengruppe, in der er der einzige Profi ist und bleiben muss.

Ein buntes Programm wurde in den letzten Jahren mit viel Herzblut gegeben, darunter so unterschiedliche Stücke wie "Der kleine Prinz“, "Liliom“ oder "Der Bockerer“. "Die Geschichten aus dem Wiener Wald“, die die Fischamender im Jahr 2007 spielten, bekamen - sonst eher selten - eine überregionale Kritik im Standard. Als pures Gegenstück zum großen und groß subventionierten Staatstheater wurde die Aufführung gefeiert. Und tatsächlich: So nahe wie im Fischamender Volksheim ist man dem Horváth’schen Text kaum je gewesen. Ohne viel Firlefanz nahmen die Laiendarsteller den Text ganz aus sich.

Auch heuer lohnt ein Ausflug nach Fischamend. Mit dem "Talisman“ wird dort wieder einmal ein Nestroy gegeben, sein berühmtestes und populärstes Stück. Grandios jugendlich in ihrer Rolle als Salome ist Sabrina Kotlan. Mit einer roten Löwenmähne tanzt die junge Frau dem Titus vor der Nase herum, der sein rotes Haar unter Perücken versteckt. Damit hat er mittelfristig Erfolg. Dem schwarzen Schopf, den Franz Herzog als Titus aufsetzt, verfällt zunächst seine eigene Ehefrau. Ingrid Herzog-Müller gibt in der Inszenierung ihres Mannes eine durchtrieben-brave Gärtnerin, wie eine unschuldige Blume wächst ihre Liebe dem Mann zu.

Dieser freilich hat Höheres im Sinn: Über die Hausdame Constantia (Sabine Oppenberger) macht er sich an die Herrin des Hauses, Frau von Cypressenburg, heran. In den Passagen, in denen sie sich selbst als Schriftstellerin inszeniert, setzt deren Darstellerin Helga Kominek Glanzlichter. Normale Alltagsworte, so weiß Titus, reichen einer wie ihr gegenüber nicht hin. Fortan muss es sein, als hätte die "Red’ ein Feiertagsg’wandl“ an, herrliche Parodien des Dichterischen resultieren daraus.

Gerade in diesen Szenen nimmt die Inszenierung wieder Schwung auf. Patricia Aradi gibt eine Haustochter, die bei Männern stets zu kurz gekommen scheint und daraus die Kürze ihres Rocksaums bemisst. Den Friseur, der Titus die Perücke gibt und dann wieder nimmt, mimt Mario Santi. Schon in den ersten Szenen des Stückes bekommt er (im echten Leben ganz abstinent) ein Bier zu viel und wandelt von da an traumtänzerisch sicher ans Ende. Wie seekrank gebärden sich die Szenen im zweiten Akt: Perücke auf, Perücke ab, erst schwarz, dann blond, ein schönes wildes Durcheinander. Auch die beiden Diener der Witwe Cypressenburg (Anton Eggendorfer und Horst Piller) strecken ihre Köpfe vor: der eine in Deutsch, der andere in einem französischen Kauderwelsch.

Während die Couplets nicht immer funktionieren, hört in dem Schwung, mit dem Nestroys Posse umgesetzt wird, das Lachen kaum noch auf. Mit Wolf-Dieter Schindler tritt am Ende des Stückes ein Erbonkel auf, bei dem man den Eindruck hat, als wäre ein feindliches Heer mit einheitlichem Befehlston in dieses ganze sprachliche Kuddelmuddel eingefallen. Titus aber, der (ob der Gram, die er im Leben hat) jetzt eine graue Perücke trägt, lehnt das Erbe ab und wird mit seinen roten Haaren, ohne Perücke und ohne Geld, mit Salome glücklich. Daran, dass es in Fischamend so weit kommen kann, haben auch die beiden Souffleusen (Walpurga Santi und Berta Schindler) ihren Anteil. Nestroys grandioser Text über die Rampe geflüstert und mit echtem Leben erfüllt: In Fischamend kann man’s hören und sehen!

Der Talisman Volksheim Fischamend, 25.-27. April,

2.-3. Mai,

www.fischamenderspielleut.com

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