6611492-1955_02_06.jpg
Digital In Arbeit

Gebet am Grabe Alexanders VI.

Werbung
Werbung
Werbung

„O Herr! Ich knie hier am Grabe des Papstes Alexander VI. Du weifjt, wie schwer es uns Christen ums Herz wird, wenn wir diesen Namen hören. Wir sind traurig, wie Kinder traurig sind, wenn ihr Vater Böses tut. Wir sind traurig, weil wir sehen müssen, dafj so viel an ihm Aergernis nehmen, und meinen sie seien frei von der Verpflichtung, einem Papste iu gehorchen, einer Kirche Glied zu sein, die selbst an solchen Fehlern kranken.

Lafj uns, o Herr, an solchen Dingen nicht Ansfofj nehmen. Erleuchte uns, dafj wir das Ganze sehen, Deinen weisen Plan in Demut anerkennen, in dem auch solche Aergernisse zugelassen sind.

Lafj uns dieses schlechte Beispiel nicht Anlafj sein zur Selbstentschuldigung unseren eigenen Sünden gegenüber; nicht Anlafj zum freventlichen Urteil gegen andere, sondern vielmehr zur heilsamen Mahnung, zur Wachsamkeit, Sühne und Buhe und zum Beweis, dafj Deine göttliche Hand es ist, die unsere Kirche lenkt und leitet.

Wir wissen, Herr, dafj Deine Wahrheit dadurch nicht getrübt, dafj Deine heiligen Sakramente dadurch nicht wirkungslos gemacht, dafj Dein Ruhm und Dein Glanz dadurch nicht verdunkelt werden können.

Ja, vielleicht kommt einmal die Zeit, wo wir Dir, o Herr, selbst für solche Prüfung dankbar sind, wenn Du kommen wirst, Deine Braut, die Kirche, heimzuholen, die dann ohne Makel und Runzel sein wird, leuchtend und strahlend in ihrem Angesicht.

So gib, o Herr, uns wahre Demut, Klugheit und Weisheit und eine unerschütterliche Treue zu Deiner Kirche und dem Papste, sei es wer immer.

Gib uns aber auch, o Herr, Kraft, dafj wir nicht weiterhin Aergernis geben, denn wir wissen um Dein Wort: ,Wehe denen, durch die Aergernis kommt.'

...Dem Toten aber hier gib Gnade und Verzeihung. Denn Du bist gütig.“

Aus „Das Petrusgrab“, Verlag Styria, Graz- Köln

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung