Visionärer Tausendkünstler

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Das MAK ehrt aus Anlass seines 100. Todesjahres den "Universalkünstler" Koloman Moser, Gründungsmitglied der Secession, mit einer umfassenden Schau, die der Vielfalt seines Werkes Rechnung trägt.

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Das MAK ehrt aus Anlass seines 100. Todesjahres den "Universalkünstler" Koloman Moser, Gründungsmitglied der Secession, mit einer umfassenden Schau, die der Vielfalt seines Werkes Rechnung trägt.

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Den "Tausendkünstler" nannte Hermann Bahr Koloman Moser, Ludwig Hevesi sprach vom "vielgestaltig Vielgestaltenden". Als eben solcher soll Kolo Moser, der um die Jahrhundertwende an vorderster Front für die Ideale der Secession, das Gesamtkunstwerk und die Durchdringung des täglichen Lebens mit Kunst kämpfte, in der Ausstellung im Museum für Angewandte Kunst (MAK) präsentiert werden. "Im Unterschied zu vorangegangenen Ausstellungen möchte unsere viel weniger dem Masterpiece-Kult huldigen, sondern mehr in die Tiefe gehen", sagt Kurator Christian Witt-Dörring im Gespräch.

Ganzheitliche kreative Konzepte

Im Zentrum der 500 Werke fassenden Ausstellung stehen neben Möbeln, Textilien und Glasgegenständen zahlreiche Entwurfszeichnungen für Banknoten, Briefmarken, Ornamente, Schriften und Grafiken. Eine "Atelieratmosphäre" beschwört man, wenn viele dieser Arbeiten - auch mangels weißer Wände im Ausstellungsraum -mit Magneten auf A-Ständer wie auf Zeichenbretter gepinnt wurden.

Bevor intensivst auf Kolo Mosers Entwicklung vom Illustrator zum Raumkünstler und zurück zum Maler eingegangen wird, begrüßt man den Besucher mit Werken des Historismus, anhand derer Witt-Dörring mit dem Irrglauben aufräumen möchte, die Secessionisten hätten sich über alles Bisherige hinwegsetzen wollen. "Sie waren nicht gegen die alte Kunst an sich, vielmehr sahen sie diese nicht als zeitgemäß und zukunftsträchtig an. Dennoch ist wichtig zu wissen, in welchem ästhetischen Klima Moser aufwuchs." Frühe Arbeiten für kommerzielle Magazine schuf Moser aus finanzieller Notwendigkeit, aber schon hier erkennt man, wie er ganzheitlich zu denken beginnt, wenn er neben seinen Bildmotiven Platz für Texte einplante. Als Moser Gründungsmitglied der Secession wurde, war er es, der die "Corporate Identity" für die neue Künstlerbewegung schuf. Ob das Vereinsorgan Ver Sacrum, ob Briefköpfe oder Layouts.

Besonders gut lässt sich anhand zahlreicher Entwurfszeichnungen auch verfolgen, wie Moser Ornamente entwickelte. Wurden erst Formen aus der Natur, ob Blumen oder Schmetterlinge, gedanklich flachgedrückt und in ihre Einzelteile zerlegt, so schuf er durch andere Zusammensetzungen Vorlagen für seine neuartige Ornamentik, welche nun als eigenständige Kunst anerkannt wurde und vielerlei Anwendungsgebiete fand. Waren die Secessionisten anfangs noch stark abhängig vom internationalen Jugendstil, so wollte man bald einen spezifisch österreichischen Stil schaffen, weniger am kurvilinearen Vorbild orientiert, sondern grafischer gestaltet. Die Schau zeigt auch, wie vieles ausprobiert und wieder verworfen wurde. "Es herrschte damals ein solcher Schaffensdrang, eine solche Energie, dass auch scheinbar leere Kilometer die Künstler nicht störten", so Witt-Dörring.

Sämtliche Dinge des Lebens sollten - auch im Sinne der englischen Arts-and-Crafts-Bewegung -von der Kunst durchdrungen werden, selbst Gebrauchsgegenständen wurde nun der Status eines autarken Kunstwerks zugebilligt. "Wir zeigen, wie Moser diese Ideale viel umfassender bediente als andere", sagt Witt-Dörring.

Vom eleganten Schrank mit geschwungenen Fischen hinter wellenartig geschliffenem Glas bis zur einfachen Küchenkredenz reicht die Bandbreite. Auch ein Zigarrenschrank und der berühmte Sessel für das Sanatorium in Purkersdorf zeigen, wie Moser Möbeldesign neu definierte und durch einfache Kniffe dem damals herrschenden Grundsatz entgegenwirkte, dass Möbel die Raumwirkung durchbrachen, so Witt-Dörring.

Rückkehr zur Malerei

Die Arbeit mit edlen Materialien wurde im Rahmen der Tätigkeit der von Moser mitbegründeten Wiener Werkstätte auf die Spitze getrieben. Doch es kam zur -nach dem Austritt aus der Secession - zweiten Zäsur in Mosers Leben, als er die Wiener Werkstätte verließ. "Möglicherweise war es, weil der kaufmännische Leiter Fritz Waerndorfer seine Frau um Geld bat, vor allem aber wohl, weil er damit haderte, sich nach den Wünschen der Kunden zu richten, die oft gar nicht wussten, was sie wollen", so Witt-Dörring. Jedenfalls wandte sich Moser vor seinem frühen Tod 1918 abermals der -nun an Hodler gemahnenden -Malerei zu, was den Kreis schließt. Denn ein Maler war er immer geblieben -ob er nun mit zwei oder drei Dimensionen arbeitete.

Koloman Moser -Universalkünstler zwischen Gustav Klimt und Josef Hoffmann MAK, bis 22. April, Di 10-22, Mi-So 10-18 Uhr www.mak.at

Nach dem Vorbild der englischen Arts-and-Crafts-Bewegung strebte Kolo Moser danach, dass auch Gegenständen des Alltags der Status des Kunstobjekts zugebilligt wurde. Hier zu sehen ein Paravent aus dem Jahr 1906 und ein Schreibschrank aus dem Jahr 1903.

Der Gebrauchsgegenstand als Kunstwerk

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