Charlotte Billwiller, Mathilde Flögl, Susi Singer, Marianne Leisching und Maria Likarz, 1924. - © Foto: © MAK

Wiener Werkstätte, die Frauenpower

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Die Ausstellung „Die Frauen der Wiener Werkstätte“ blickt ein Jahrhundert zurück in eine Zeit, in der Frauen neue Wege wagten in der angewandten Kunst. Trotz reichlich männlicher Kritik.

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Die Ausstellung „Die Frauen der Wiener Werkstätte“ blickt ein Jahrhundert zurück in eine Zeit, in der Frauen neue Wege wagten in der angewandten Kunst. Trotz reichlich männlicher Kritik.

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Die Frauen der „Wiener Werkstätte“ – die meisten von ihnen – erlitten ein ähnliches Schicksal wie viele Künstlerinnen vor und nach ihnen: Ihre Namen wurden vergessen. Freilich, Josef Hoffmann und Koloman Moser spielten bei der Gründung der „Wiener Werkstätte“ wichtige Rollen, aber ein Blick in die Entwicklung der dort Anfang des 20. Jahrhunderts kreierten Kunst zeigt doch, wie weiblich sie geprägt war. Was ihr dann auch prompt zum Vorwurf gemacht wurde.

Der Gang durch die Ausstellung „Die Frauen der Wiener Werkstätte“ im Wiener MAK wird so nicht nur zum Gang durch Ideenlaboratorien, durch Experimentierwerkstätten, durch Spielplätze, sondern auch zum Gang in eine Zeit vor 100 Jahren, als Frauen neue Wege versuchten. Die Kunstwerke vieler unterschiedlicher Frauen werden ausgestellt,
von Maria Likarz, Mathilde Flögl, Felice Rix, Marie Stadlmayer, Margarete Reinold, Klara Posnanski, um nur einige zu nennen. Die kollektive Kraft wird dabei sichtbar. Die Fotos zeigen selbstbewusste junge Frauen, aufbruchsbereit, voller Ideen.

Viele haben ihre Ausbildung in der Wiener Kunstgewerbeschule erhalten. Diese ermöglichte Frauen das Studium von Anfang an, das heißt seit 1868. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts stieg der Frauenanteil rasch und nahm, wenig verwunderlich, in den Kriegsjahren zu (im Studienjahr 1918/19 waren von 20 Studierenden 16 weiblich). 1924/25 waren unter 47 Studierenden bereits 32 Frauen.

Wertschätzung erkämpfen

Ihren Rang, die Wertschätzung mussten sich die Frauen dennoch erst erkämpfen, was umso schwieriger war, als gerade das Kunstgewerbe, in dem sie tätig waren, in traditionell Frauen zugeschriebenen Terrains angesiedelt war, die Frauen also bestimmten Materialien und Techniken zugeordnet wurden, zum Beispiel dem textilen Gestalten oder der Produktion von Geschirr, während die männlichen Kollegen Architekten wurden oder Möbel entwarfen.

Aber die Terrains dehnten sich aus, und so übernahmen etwa Frauen, nämlich Hilde Jesser, Lilly Jacobsen, Vally Wieselthier und Fritzi Löw, die Innenausstattung des Stiegenhauses in der Textilabteilung der „Wiener Werkstätte“ in der Kärntner Straße. Die Ausstellung im MAK zeigt die Bedeutung der WW hinsichtlich der Designs von ornamentalen und floralen Stoffmustern. Sichtbar wird auch die Kunst der Zeit, etwa der Umgang mit Fläche.

Zudem hatte und hat der Bereich der angewandten Kunst immer Schwierigkeiten, als Kunst anerkannt zu werden, geht es doch eben auch um Produktion und Geschäft. Die internationale Anerkennung brachte der „Wiener Werkstätte“ jedenfalls auch Verträge ein zur Herstellung von Damasten, Brokaten, Teppichen, andererseits aber vor allem anlässlich der „Exposition Internationale des Art Décoratifs et Industriels Modernes“ 1925 in Paris auch den Vorwurf der Automatisierung des Geschmacks. Finanziell erfolgreich war das Geschäft auf Dauer nicht, 1932 wurde das Warenlager der „Wiener Werkstätte“ versteigert.

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