Showroom - Ein Showroom des Mudeums. Zu sehen sind Ausstellungstücke Josef Hoffmanns, bescheint von Scheinwerfern. Die Ausstellungsstücke sind in schwarz-weiß gehalten. Es handelt sich um abstrakte Kleidung und einem Stück was einem übergrßen Ball aus Stoff ähnelt. - © Foto: Archiv MG

Zu Besuch bei Josef Hoffmann: Die neue Ausstellung

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Im Geburtshaus von Josef Hoffmann im tschechischen Brtnice betreiben das Wiener MAK und die Mährische Galerie in Brno ein kleines, feines Museum mit neuer Dauerausstellung.

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Im Geburtshaus von Josef Hoffmann im tschechischen Brtnice betreiben das Wiener MAK und die Mährische Galerie in Brno ein kleines, feines Museum mit neuer Dauerausstellung.

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Es ist die Mährische Landschaft: Hügel und weite Flächen, wundersam geteilt durch die Saaten, Wiesen und Wälder, sachte und manchmal auch jäh abfallend in die Täler mit den Flüssen und Bächen, einsamen Mühlen, versteckten Marktflecken und Dörfern, eine ewige Heimat für uns trotz allen Gewalten, Kümmernissen und Leiden“, so beschreibt Josef Hoffmann in seiner Autobiografie seine Heimat Mähren als „versonnenes Märchenland“. Der wegweisende Architekt und stilprägende Designer, Mitbegründer der Secession, der Wiener Werkstätte und des österreichischen Werkbunds verbrachte bis 1948 jedes Jahr einen Monat in dem Ort, in dem er 1870 geboren worden war.

Brtnice ist ein besonders malerisches Dorf im Tal der Pirnitz, die sich in einem großen Bogen mitten durch den Ort schlängelt und auch den Hauptplatz quert. Auf einer Seite das Rathaus, eine denkmalgeschützte Renaissancepreziose mit hohem Attikaschild und Turm, auf der anderen Seite Hoffmanns Geburtshaus, dazwischen die prächtigste aller drei Brücken des Ortes, beschirmt von „barocken Weihefiguren“: Johannes der Täufer, die Heiligen Rochus, Nepomuk, Florian, Johannes Sarkander. Der regionale Bildhauer David Lipart hat sie gestaltet.

Drei Generationen Bürgermeister

Hoffmanns Geburtshaus steht sehr prominent am Hauptplatz, sein Kern reicht bis in Gotik und Renaissance zurück, einem barocken Umbau verdankt es seine schmucke, gelbe Fassade mit dem weißen josephinischen Parapettdekor und sein hohes Doppelwalmdach. Hoffmanns Vater, Großvater und Urgroßvater waren Bürgermeister, wohlhabende Grundbesitzer und Teilhaber der örtlichen Textilmanufaktur, Josef Hoffmann, der spätere Lieblingsstudent von Otto Wagner und Professor an der Wiener Kunstgewerbeschule, entwarf Prozessionsfahnen für die Pfarrkirche. Er war kein guter Schüler, mit 19 wechselte er an die Bauabteilung der Staatsgewerbeschule Brünn. Dort saß er mit seinem großen Antipoden Adolf Loos in derselben Klasse. Beide waren in derselben Woche in derselben Gegend geboren worden, beide schrieben auf ihre Weise ein wesentliches Kapitel in der Geschichte der Weltarchitektur. Die mährische Landschaft und ihre malerischen Dörfer dürften ein besonderes Gespür für alles Gebaute geweckt haben, sie brachte eine besonders hohe Dichte an Architekturbegabungen hervor. Etwa 80 der insgesamt 116 Schüler von Otto Wagner kamen aus Mähren, schätzt Rainald Franz, Kurator der Dauerausstellung.

Nach dem Tod seiner Eltern 1907 begann Hoffmann, sein Geburtshaus zum Experimentierfeld seiner Ideen für die Wiener Werkstätte zu machen. Die Wände der unterschiedlichen Räume sind mit Schablonentechnik bunt bemalt – im Speisezimmer treffen schwarze Streifen und rote Blumen auf weißen Putz, im Schlafzimmer feiern gelbe, dunkelblau gerahmte Rauten auf hellem Mattblau farbenfroh das Ornament. Sie wirken so plastisch wie Reliefs. Ein Linzer Bauernkasten des Jahres 1800 trifft hier auf Hoffmanns Möbelentwürfe für die Wiener Werkstatt, auch die ländliche Tracht mit ihren Farben und Mustern war eine wichtige Inspirationsquelle für den Architekten. Im Elternhaus in Brtnice treffen die Architektur des Biedermeier und der familiäre Hausrat auf das avantgardistische Design der Wiener Werkstatt, Hoffmann publizierte seine Definition eines modernen Heimatstils 1911 in der Zeitschrift Das Interieur. „Das Haus war gleichermaßen sein Showroom, seine Idealgestaltung“, sagt Rainald Franz. Der Kustode der MAK-Sammlung für Glas und Keramik hat die Verwandlung des desolaten Hauses zum heutigen Hoffmann Museum miterlebt und begleitet. Die wundersame Bergung dieser Manifestation der Hoffmannschen Idee des Gesamtkunstwerks begann in den 1990er Jahren mit einer Exkursion des einzigartigen Architekturtheoretikers Jan Tabor nach Brtnice. Der geborene Prager wusste die Fährten der Moderne in der Republik Tschechien zu lesen und führte Architekturstudierende der Wiener Angewandten dorthin. „Als wir das Haus erstmals besuchten, war im Obergeschoß noch die Gemeindebibliothek eingerichtet, die Böden waren belegt mit Schichten von Linoleum, die Wände waren übertüncht“, erinnert sich Rainald Franz. Peter Noever, der damalige Direktor des MAK, war sofort begeistert, 1992 eröffnete das Museum dort seine erste Ausstellung „Der barocke Hoffmann: Josef Hoffmann in seinem Geburtshaus in Mähren“. Hanna Egger, damalige Leiterin der MAK-Bibliothek, Jan Tabor und Rainald Franz kuratierten sie.

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