Doshi  - © Foto: Vastushilpa Foundation, Ahmedabad

Architektur mit Seele

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Die Projekte von Balkrishna Doshi verbinden moderne Technologie mit indischer Tradition, das Individuum mit der Gemeinschaft. Die aktuelle Ausstellung im Az W ermöglicht eine Begegnung.

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Die Projekte von Balkrishna Doshi verbinden moderne Technologie mit indischer Tradition, das Individuum mit der Gemeinschaft. Die aktuelle Ausstellung im Az W ermöglicht eine Begegnung.

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Balkrishna Doshi ist der berühmteste Architekt Indiens, er verband moderne Grundsätze mit lokalen kulturellen Traditionen und schuf so eine eigenständige indische Moderne, die nichts Elitäres an sich hat. 1927 in Pune geboren, erlebte Doshi Indiens Kampf um Unabhängigkeit hautnah mit, Rabindranath Tagore und Mahatma Gandhi sind ihm wichtig. An Tagore schätzt er den Naturbezug, für Gandhi war Selbstbestimmung ein grundlegender Wert. Sie bildet auch die Basis von Doshis Architektur, die dem Einzelnen Gestaltungsfreiheit gibt, der Gemeinschaft Raum bietet und so zu einer besseren Gesellschaft beiträgt. Als erster Inder erhielt Doshi 2018 den Pritzker-Preis, den „Nobelpreis der Architektur“.

Das Architekturzentrum Wien (Az W) zeigt nun die Ausstellung „Balkrishna Doshi. Architektur für den Menschen“. Sie ist ein Geschenk. Die Begegnung mit dieser Persönlichkeit und ihrem reichen Werk sollte man keinesfalls verpassen. Im Jahr der indischen Unabhängigkeit – 1947 – begann Doshi in Mumbai sein Architekturstudium, arbeitete mit Le Corbusier und Louis I. Kahn zusammen, war international gut vernetzt, vergaß aber seine indischen Wurzeln nie. Seit über sechzig Jahren realisiert der Architekt, Urbanist und Lehrer unterschiedlichste Projekte, die eines verbindet: eine zutiefst humanistische Grundhaltung und die Überzeugung, dass Architektur einen wesentlichen Beitrag zu Wohlergehen und Zugehörigkeitsgefühl der Menschen leisten kann. Sein Architekturbüro nannte er „Vastu Shilpa“: „Vastu“ beschreibt die Gesamtheit der Umwelt, „shilpa“ bedeutet auf Sanskrit „gestalten“.

Ganzheitlicher Ansatz

Doshis Bauten haben Seele, sie feiern das Leben, die Schönheit und den Gemeinsinn. Seine Architektur verbindet moderne Technologie mit traditionellem Handwerk, indische Lebenskultur mit der westlichen Moderne, das Individuum mit der Gesellschaft. Sie berücksichtigt den spezifischen Ort, sein Klima, seine Kultur und Geschichte, ermächtigt ihre Bewohnerschaft zur Gestaltung, antizipiert Veränderung und ermöglicht Gemeinschaft. Ein ganzheitlicher Ansatz zieht sich als roter Faden durch sein vielgestaltiges Werk, das heute relevanter scheint denn je.

Seine Bauten brauchen kein künstliches Air-Conditioning, weil sie die natürliche Ventilation intelligent nutzen. Doshis Enkelin Khushnu Panthaki Hoof kuratierte und gestaltete diese Ausstellung sehr übersichtlich, sinnlich und farbenfroh. Einen Schwerpunkt bildet der kostengünstige Wohnbau, den Doshi auch als Möglichkeit sah, der Fragmentierung der Gesellschaft entgegenzuwirken. Ein brisantes Thema. Für die Life Insurance Corporation of India (LIC) plante er 1973 Mehrfamilienhäuser, in denen unterschiedliche soziale Schichten wohnen.

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