Josef Hoffmann: Vom Anspruch auf Schönheit
Die bisher umfassendste Schau zu Josef Hoffmann zeigt 1000 Exponate zum annähernd 60-jährigen Wirken des Gesamtkünstlers im MAK.
Die bisher umfassendste Schau zu Josef Hoffmann zeigt 1000 Exponate zum annähernd 60-jährigen Wirken des Gesamtkünstlers im MAK.
Man denkt, über Josef Hoffmann sei alles gesagt. Von so vielen Seiten ist der Designer, Architekt, Lehrer, Ausstellungsmacher und zentrale Kopf der Wiener Moderne um 1900 bereits beleuchtet worden. Und dennoch stellt das MAK den Künstler mit rund 1000 Exponaten so umfassend wie noch nie vor – und Kurator Rainald Franz ist überzeugt: „Auch wenn man schon alles über ihn zu wissen glaubt, kommen Dinge zum Vorschein, die bisher nicht im Fokus waren. Nie stand derart die Erkenntnis im Vordergrund, dass Hoffmanns Kreativität zu keiner Zeit abbricht und dass er ein nimmer Rastender war, vom Studium bis zum Tod.“
Breites Repertoire
Als dreischaliges Ausstellungskonzept präsentiert sich die Monumentalschau: Außen herum läuft eine Timeline mit Zitaten von Weggefährten, weiter innen erstreckt sich ein Parcours mit Meilensteinen jeder Periode seines Schaffens, ganz innen finden sich Paradebeispiele. So kann man mit dem jugendlichen Hoffmann gedanklich durch Italien reisen und seiner Faszination für bäuerliche Architektur nachspüren. Man kann die Gründung der Secession ebenso anhand von Entwürfen und Werken nachvollziehen wie die von Hoffmann betriebene und für sein Œuvre so entscheidende Entgrenzung zwischen Kunst und Alltag. Es finden sich ein Manifest zur Möbel-Gestaltung, in dem Hoffmann seinen Stil erklärt, ebenso wie Fotos und ein Carl-Moll-Gemälde seiner Arbeiten an Villen auf der Hohen Warte. „Hier konnte er sein ganzes Repertoire ausrollen und seine Erfahrungen aus Italien ebenso integrieren wie die Einflüsse der Secession und der englischen Architektur“, so Franz.
Anhand zahlreicher Beispiele lässt sich verfolgen, dass es für den Designer Hoffmann keine Grenze der Gestaltung gab. Ob er nun für das Kabarett Fledermaus von der Innenarchitektur über die Suppenterrine bis zur Einladungskarte einfach alles machte oder Einrichtungsgegenstände für die Villa Sonja Knips entwarf: Die Besucher können diese Objekte ebenso bewundern wie bisher nicht ausgestellte Entwürfe für die Firmen Lobmeyr, Backhausen oder Augarten. Einen nie dagewesenen Einblick will man auch in den ersten Verkaufsraum der Wiener Werkstätte geben, den man als 2-D-Rekonstruktion digital umgesetzt hat.
Oft laden Entwurf, Reproduktion und Objekt nebeneinander zum Vergleich ein. Oder eine „Sitzmaschine“ steht neben dem Modell des Hauses, für das sie entworfen wurde. „Es zeigt sich klar: Ob Säulen der Häuser oder Stängel der Gläser, einmal gefundene ornamentale Formen wandte Hoffmann auf alle Medien an. Auch in der Mode setzten sich seine Muster fort“, so Franz. Und er verweist auf eine nette Anekdote: „Als das Palais Stoclet fertig war, musste die Dame des Hauses Reformkleider tragen, sonst hätte sie nicht mehr zu ihrem Haus gepasst.“ Um prominente Beispiele wie eben dieses Palais in Brüssel, in dem Hoffmann vom Türgriff bis zu den Kaminaufsätzen alles durchgestaltete, geht es in dem von Christian Witt-Dörring gestalteten zentralen Raum. Hier fehlt das Sanatorium Westend, dessen Entwurfsprozess nachvollzogen werden kann, ebenso wenig wie Originalzeichnungen für Bezüge in ÖBB-Abteilen.
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