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Digital In Arbeit

„Lohn der Angst"?

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„So miichtig der Cewerkschaftsbund ist, so stark, dafl er die wirtschaftlichen Gesetze aufheben konnte, ist er nicht. Kein Volk der Welt kann, auf die Dauer gesehen, mehr an Giitern verbrauchen, als es erzeugt. Der Grad der Produk- tivitdt unserer Wirtschaft wird stets das Ausmafl der Lebenshaltimg unseres Volfees und damit auch das der Arbeit- nehrner bestimmen."

(Johann Bohm in „Erinnerungen aus meinem Leben", QGB-Verlag, Wien, 257 Seiten.)

Der Interessenkonflikt zwischen den Dienstgebem — sie mogen Private oder Manager verstaatlichter Betriebe sein — und den Dienstnehmern ist geradezu ein natfirlicher. Auf diesen Umstand hat erst vor einigen Jahren Ernst Arndt, der bedeutendste Lohntheoretiker deut- scher Zunge, hingewiesen.

Die Unternehmer der Erwerbs- betriebe, in wessen Eigentum sie immer sind, wollen hohe Preise und niedrige Kosten, also eigentlich ein maximales Nominaleinkommen.

Die Dienstnehmer wollen hohe Lohne und niedrige Preise, also sowohl ein hohes Nominal- wie Realeinkommen.

Die typischen Lohnforderungen sind jedoch nicht auf ein Mehr an Reallohn, sondern auf eine Erhohung des Nominallohnes gerichtet. Man kann, auch nach den Erfahrungen der letzten Monate, geradezu von einer Art Faszi- nation der Dienstnehmer durch den

Nominallohn und einer Steigerung des Nominallohnes sprechen, und dies, ob- wohl offenkundig die Verbrauchschan- cen — qualitativ wie quantitativ — eine Funktion des Reallohnes sind, das heiBt von Lohnen und Preisen be- stimmt werden. Auch angesichts der Alternative, Kurzung der Sollarbeits- zeit bei vollem Lohnausgleich oder Preissenkung, wird die Entscheidung iiberwiegend zugunsten der Reduktion der Sollarbeit getroffen, was eine Erhohung des nominellen Stundenlohnes, nicht aber etwa des Reallohnes je Woche bedeutet.

Der Nominallohn ist eine Sumrne von Geldeinheiten und insoweit in der Zeit eines stoffwertlosen Geldes (Papier- geld) lediglich ein Paket von Anwei- sungen auf Lohngiiter, also nicht mehr als ein abstrakter Anspruch. Anders beim Reallohn, der mit der Summe jener Guter identisch ist, die der Lohnbezieher mit dem Nominallohn erwirbt oder erwerben kann. Eine Erhohung des Reallohnes kann durch eine Steigerung des Nominallohnes erfolgen, und zwar im gleichen Ver- haltnis wie die Nominallohnerhohung, wenn man von gleichen Preisen aus- geht. Eine andere Form der Steigerung des Reallohnes ist die uber eine Reduktion der Preise jener Guter, die man — bei gleichbleibendem Nominal- lohn — mit diesem erwirbt.

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