Jüdisch-muslimischer Dialog

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Diese Woche feiern wir das jüdische Neujahr, Rosch Haschana. Kein Freudenfest mit Feuerwerk und Tanz, sondern Auftakt für die zehn Tage der Umkehr hin zum Versöhnungstag, Jom Kippur. Es ist wohl allen Juden ein Bedürfnis, sich dieser Tage auszusprechen, offene Rechnungen zu begleichen, sich beim Nächsten zu entschuldigen. Denn Juden glauben, wir können mit Gott nur dann ins Reine kommen, wenn wir zuvor auch untereinander alle Versäumnisse von Mensch zu Mensch ausgeräumt haben.

Der Präsident des Reformjudentums in den USA, Rabbiner Eric Yoffie, hat jetzt für seine 900 Gemeinden mit 1,5 Millionen Mitgliedern, ein besonders bedeutungsvolles Zeichen gesetzt. In einer Rede bei der "Islamic Society of North America" in Chicago rief er Anfang September als erster prominenter jüdischer Vertreter überhaupt dazu auf, dass die amerikanische Gesellschaft eindeutige Tendenzen der Diskriminierung von Muslimen überwinden müsse. Ein Mehr an Dialog sei zu versuchen, um - Juden und Muslime gemeinsam - eine Zweistaatenlösung im Nahen Osten voranzubringen. Starker Tobak angesichts von Islamismusängsten und realer Terrorgefahr direkt vor der Haustüre. Aber wir Juden lernen aus unserer Überlieferung, dass "Scha-lom" nicht vom Himmel fällt.

Die jüdische Tradition lehrt: Man muss dem Frieden nachjagen, sich beständig um ihn bemühen. Und dabei müssen wir alle über den eigenen Tellerrand schauen lernen. Wo sind die Suppenküchen der jüdischen Gemeinschaft, um den Armen der Gesellschaft die Hand zu reichen? Wo unsere Flüchtlingsinitiativen? Unternehmen wir Juden genug, um die Schöpfung zu bewahren, die Natur zu retten und an der Heilung der Welt mitzuwirken?

Umkehr bedeutet Erneuerung, und das gilt nicht nur zum jüdischen Neujahrsfest und nicht nur für uns Juden.

Der Autor ist Rektor des Abraham-Geiger-Kollegs in Potsdam.

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