Patientenversicherung: Nur zehn Schilling pro Tag ...

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Natürlich ist das nicht viel. So viel, wie ein halber Liter Milch und eine Billigsemmel, ein grüner Paprika, ein Parkschein für eine Stunde, ein Brieflos, drei SMS oder ein Nogger-Eis ...

Genausoviel zahlen nun Herr oder Frau Österreicher demnächst für eine Krankenhaus-Patientenversicherung. Nicht für den Fall, daß sie Opfer eines Kunstfehlers werden - da hilft nach wie vor nur der Gang vor Gericht. Den scheuen viele erfahrungsmäß, weil der Ausgang von Prozessen gerade in solchen Fällen ebenso ungewiß wie die Dauer kaum abschätzbar ist und die Kosten im Zweifelsfall hoch sind.

Versichert ist man mit diesen zehn Schilling nur zum Beispiel gegen im Spital erfolgte Infektionen, Nebenwirkungen von Medikamenten oder unvorhersehbare Operationsfolgen wie etwa ausgebrochene Zähne nach Intubationsnarkosen . Immerhin also, für nur zehn Schilling pro Tag ist man nun gegen allerlei Unbill zumindest finanziell immun. Da gehen die weiteren 20 Schilling, um die das Taggeld zusätzlich auf 100 erhöht wird, in der Diskussion ebenso unter wie die Tatsache, daß weder die Krankenanstalten selbst noch etwa die Pharmafirmen zu Kasse gebeten werden. Es trifft nur die Patienten, die auch noch mit einem saftigen Selbstbehalt bei Inanspruchnahme von Ambulanzen und mit einer - schon wieder zehn Schilling! - Erhöhung der Rezeptgebührt konfrontiert werden.

Und manche trifft es wirklich nicht. Diejenigen, die bedenkenlos Brieflose kaufen und auch nicht diejenigen, die sich ein Auto leisten können und daher Parkgebühren zahlen müssen.

Es gibt alleinerziehende Mütter, es gibt Pensionisten ohne Handy und Auto, für die das Nogger-Eis schon Luxus ist, und die nicht die handgemachte, sondern wirklich die Billigsemmel kaufen. Sie gehen dann halt seltener zum Arzt, denn der verschreibt wieder etwas, und das kostet. Es sind nun nicht 45, sondern 55 Schilling. Und sie gehen trotz der Überweisung nicht in die Ambulanz, denn das sind 150 Schilling. Bis sie dann notgedrungen im Spital landen, und da kommt es dann auf die zehn Schilling pro Tag auch nicht mehr an. Immerhin müssen sie dort (vorläufig) für die Milch und die Semmel nicht extra zahlen, die sind in den 100 Schilling Taggeld schon drin.

Die Autorin ist Professorin für Gesellschaftspolitik an der Universität Linz.

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