UN-Komitee rügt Österreich

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Keiner UN-Konvention sind so viele Länder beigetreten, wie der Kinderrechtskonvention: Außer die USA und Somalia haben alle UN-Mitgliedsstaaten sich der Umsetzung von Kinderrechten verschrieben. Ob das tatsächlich passiert, wird alle fünf Jahre vom Kinderrechte-Ausschuss der internationalen Staatengemeinschaft überprüft. Heuer war Österreich dran. Die "Abschließenden Beobachtungen“ des Komitees, die auf Berichten von nichtstaatlichen Kinder- und Jugendorganisationen, Kinder- und Jugendanwaltschaften und Vertretern unterschiedlicher Ministerien basieren, werden gerade im Familienministerium von Englisch auf Deutsch übersetzt.

Kommentiert wird dieses "Zeugnis“, das die gesamte Regierung betrifft, öffentlich bisher nicht. Denn obwohl Österreich im internationalen Vergleich vergleichsweise gut abschneidet, kritisiert das UN-Komitee die Umsetzung der Kinderrechte in Österreich in einigen Punkten sehr scharf: Alleine drei "Empfehlungen“, wie die Kritik freundlicher heißt, beziehen sich auf die fehlenden Koordinierungsmechanismen zwischen Bund und Ländern. Das Komitee rät Österreich explizit eine umfassende, nationale Kinderrechts-Politik zu implementieren.

Rechtsverletzungen bei Kinderflüchtlingen

In einigen Bereichen ortet das Komitee nicht nur Kinderrechtsvernachlässigungen, sondern sogar -verletzungen: Die Unterbringung von minderjährigen und unmündigen Flüchtlingen (von denen derzeit rund 600 im Erstaufnahmezentrum Traiskirchen leben) wird ebenso kritisiert wie die Tatsachen, dass Jugendliche schon ab 14 Jahre in Schubhaft genommen werden dürfen, und dass die Obsorgepflicht durch die Jugendwohlfahrt in einigen Bundesländern nicht wahrgenommen wird.

Besorgt zeigt sich das Komitee auch darüber, dass immer noch viele Eltern Gewalt als Erziehungsmaßnahme einsetzen - obwohl das in Österreich seit 23 Jahren verboten ist. "Wir sind keine Gesellschaft, in der Kinder und Jugendliche gewaltfrei aufwachsen“, sagt auch Elisabeth Schaffelhofer-Garcia Marquez vom Netzwerk Kinderrechte. Als Querschnittsmaterie seien Kinderrechte schwierig umzusetzen, erklärt sie, aber: "Österreich darf sich nicht aus der Verantwortung ziehen. Wir brauchen eine Stelle, die sich dem Themenkomplex annimmt, die Entwicklungen im Blick hat und andere auf ihre Verantwortung hinweist.“ Einen weiteren Punkt kritisiert Schaffelhofer-Garcia Marquez und bekommt dafür Rückendeckung vom UN-Komitee: Kinderrechte bedeuten auch, dass man Kinder stärkt und wichtig nimmt. "In Österreich sind wir auf politischer Ebene aber beim Schützen stecken geblieben“, sagt sie.

Ausgebremst wurde in Österreich auch das dritte Zusatzprotokoll zur Kinderrechtskonvention, das als zusätzliches Kontrollinstrument die Individualbeschwerde ermöglichsen soll. Damit sollen Kinder sich bei Kinderrechtsverletzungen direkt an den UN-Ausschuss wenden können, wenn die Rechtsmittel in ihrem Staat ausgeschöpft sind. Gottfried Merny von der Kindernothilfe bedauert das sehr: "Das Individualbeschwerdeverfahren sorgt dafür, dass Kinderrechte kein Papiertiger bleiben, sondern Zähne bekommen.“ Österreich hat das Protokoll zwar bereits im Februar unterschrieben - ratifiziert wurde es im Parlament aber noch nicht. Einige Ministerien, hört man, hätten noch Vorbehalte. Dabei betrifft das Individualbeschwerdeverfahren wahrscheinlich Österreich weniger als andere Länder: "Es würde Kinder in anderen Teilen der Welt stärken“, sagt Merny, "deshalb wäre die Ratifizierung durch Österreich vor allem ein wichtiges internationales Signal.“

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