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Vergangenen Freitag prüfte eine Kommission der Vereinten Nationen, wie es in Österreich um die Rechte der Kinder bestellt ist.

Es gibt Gelegenheiten, bei denen ein Sozialminister schon durch seine bloße Anwesenheit punkten kann. So ging es Herbert Haupt vergangenen Freitag, als er die österreichische Delegation vor dem UN-Kinderrechtsausschuss in Genf anführte. Alle fünf Jahre müssen die Staaten, die die Kinderrechtskonvention der Vereinten Nationen (krk, siehe Furche Nr. 47/2004) unterzeichnet haben, einen Bericht über die Umsetzung im jeweiligen Land abgeben. Österreich hat das 2002 zum zweiten Mal getan, eine Anhörung über diesen Bericht stand nun also vergangenen Freitag an. Dass Regierungsmitglieder daran teilnehmen, ist dabei keineswegs selbstverständlich - ein Pluspunkt für Österreich also.

Nur das Maximale zählt

Neben dem offiziellen Länderbericht ist aber ein zweiter Bericht Grundlage des Hearing, ein so genannter Schattenbericht, den in diesem Fall das Netzwerk Kinderrechte verfasst hat. In der Stellungnahme stellt die Vereinigung zahlreicher Kinder- und Jugendorganisationen klar, dass die Situation von Kindern hierzulande im internationalen Vergleich befriedigend sei, "doch gilt als Beurteilungsmaßstab das für den Vertragsstaat maximal Erreichbare, sodass in verschiedensten Bereichen noch erheblicher Handlungsbedarf besteht." Einer der zentralen Kritikpunkte ist dabei der Umgang mit unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen. Denn die Kinderrechtskonvention verlangt, diesen Kindern denselben Schutz zu gewähren wie jedem anderen Kind ohne Familie. Daran halte sich Österreich aber nicht, beklagt Heinz Fronek von der Asylkoordination Österreich. Ein Problembereich: die Obsorge für Betroffene über 14 Jahren. Während etwa Nieder- und Oberösterreich die Obsorge für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge übernähmen, weigere sich Wien meistens. "Ein Minderjährige kann aber allein viele Entscheidungen nicht rechtsgültig treffen, etwa in Schulangelegenheiten", erläutert Fronek. Was ihn gleich zur nächsten Schwierigkeit führt, dem Zugang zu Bildung: Schulen seien mit der Aufnahme dieser Kinder oft überfordert. Und da die Lehre hierzulande nicht als Ausbildung, sondern als Arbeit gilt, finden die Regelungen zur Ausländerbeschäftigung Anwendung. "Die machen für die Betroffenen eine Lehre praktisch unmöglich." Auch die Unterbringung jugendlicher Asylanten sei alles andere als ideal, führt er weiter aus. Zwar ist vorgesehen, sie in Einrichtungen mit spezieller Betreuung aufzunehmen, aber davon gebe es viel zu wenige.

Schutz für junge Häftlinge

Ein weiterer Kritikpunkt betrifft den Jugendstrafvollzug. Vor allem die Schließung des Jugendgerichtshofes in Wien stößt auf Ablehnung. Dazu komme, dass in der Bundeshauptstadt jugendliche Untersuchungshäftlinge nicht mehr in einem eigenen Gefängnis untergebracht und somit nicht altersgerecht behandelt würden.

Die Befragung der Delegation durch den un-Ausschuss zu diesen und zahlreichen anderen Themen dauerte sechs Stunden und "war sehr neutral gehalten", wie Delegationsmitglied Martina Staffe vom Sozialministerium berichtet. "Welche Schlüsse die Kommission aus der Befragung gezogen hat, wird sich erst herausstellen, wenn sie ihre abschließende Stellungnahme veröffentlicht." Also am 28. Jänner.

Im Abschlussbericht über die erste Anhörung im Jahr 1997 war zwar einiges Lob zu lesen, vor allem über das grundsätzliche Verbot körperlicher Züchtigungen, die Einrichtung der Kinder- und Jugendanwaltschaften in allen Bundesländern und auf Bundesebene, das umfassende Schülervertretungssyste, und darüber, dass auch im Ausland begangene sexuelle Gewalt an Kindern im Inland bestraft wird.

Kritisiert wurde jedoch schon damals unter anderem die Situation minderjähriger Flüchtlinge, die zu geringe Zahl an Kindergartenplätzen und die große Zahl von Kindern an der Armutsgrenze.

Helmut Sax vom Ludwig Boltzmann Institut für Menschenrechte ortet neben den vielen Mankos aber auch Verbesserungen gegenüber den Anmerkungen von 1997. So wurde kritisiert, dass geistig Behinderte mit Zustimmung der Eltern zwangssterilisiert werden konnten. Diese Möglichkeit sei inzwischen abgeschafft. Missfallen äußerte die Kommission damals auch darüber, dass Jugendliche nicht in die Entscheidung über eine Heilbehandlungen einbezogen wurden. Mittlerweile haben Minderjährige ab 14 Jahren dieses Recht. Grundsätzliches Lob findet Sax auch für den "Nationalen Aktionsplan für die Rechte von Kindern und Jugendlichen", den das Sozialministerium Ende des Vorjahres erstellt hat. Vorgesehen ist eine enge Zusammenarbeit aller staatlichen, aber auch nichtstaatlichen Akteure, um die Rechte der Kinder in den Vordergrund zu rücken. Was das heißt, werde man aber erst sehen, wenn es Maßnahmen in Verbindung mit dem Aktionsplan gebe.

Verfassung für Kinder

Eines jedenfalls sei erfreulich: Die Kinderrechte sollen offenbar tatsächlich endlich in der Verfassung verankert werden, was zahlreiche Organisationen seit langem fordern. Nach dem Verfassungsentwurf, den der Vorsitzende des Österreich-Konvents, Franz Fiedler, vorgelegt hat, sollen sechs Punkte den besonderen Status von Kindern regeln: Sie haben darin verfassungsrechtlich garantierten Anspruch auf Schutz und Fürsorge sowie auf Schutz vor Gewalt in der Erziehung und vor Ausbeutung, das Kindeswohl muss bei allen Maßnahmen berücksichtigt werden, Kinderarbeit ist verboten und die Meinung des Kindes muss beachtet werden. Damit würde zumindest ein Teil der krk in Österreich endlich anwendbar. Denn seit 1992 ist sie zwar unterzeichnet, berufen konnte man sich dank eines Erfüllungsvorbehaltes jedoch nicht auf sie. Sax, der das seit Jahren kritisiert, zeigt sich zufrieden mit dem vorliegenden Konzept. "In dieser Ausführlichkeit berücksichtigt kein anderes Land die Kinderrechte." Doch Helmut Sax ist vorsichtig. "Warten wir ab, ob es wirklich dabei bleibt."

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