Keine kleinen Unterschiede

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Gegen Diskriminierung konnten sich Ausländer und Homosexuelle bisher kaum wehren. Die Europäische Union fordert nun, ihnen rechtlichen Schutz zu bieten. Österreich lässt sich damit jedoch Zeit. Und nicht nur das mangelnde Tempo gibt Anlass zur Kritik.

Lagerarbeiter gesucht, nur Inländer." Robert Bigl, Geschäftsführer einer Blumen-Großhandlung bei Wien, sieht in seinem Inserat in der Kronen Zeitung nichts Verwerfliches. Er habe schon so schlechte Erfahrungen mit Ausländern gemacht, dass er jetzt einen Inländer einstellen wolle, erklärt er. Was das für Erfahrungen waren, kann er allerdings nicht sagen. "Wir beschäftigen ja genug Ausländer, es sind einfach schon zu viele", lautet die ausweichende Antwort.

Entwurf mit Verspätung

Diskriminierung auf Grund der Rasse, ethnischen Herkunft, Religion, Weltanschauung oder sexuellen Ausrichtung soll in der Arbeitswelt künftig ebenso verboten sein wie Ungleichbehandlung aufgrund des Alters. Das jedenfalls sehen die Antidiskriminierungsrichtlinien der Europäischen Union vor. Bis 19. Juli hätten die Mitgliedsländer die Bestimmungen umsetzen müssen. Die meisten Länder haben diese Frist verstreichen lassen. Auch Österreich ist zu spät dran: Mitte Juli wurde erst der Entwurf eines Gleichbehandlungsgesetzes in Be- gutachtung gegeben, das ab kommendem Jahr gültig sein soll.

Neben den genannten Tatbeständen umfasst er auch noch die Diskriminierung aufgrund des Geschlechts (siehe Seite 3), die laut EU in der Umsetzung noch gar nicht berücksichtigt werden müsste. Ganz im Gegensatz zur Gleichbehandlung Behinderter, die zwar von den EU-Vorgaben erfasst, aber in dem aktuellen Entwurf nicht erwähnt sind. Für sie soll es ein eigenes Gleichstellungsgesetz geben, mit dem sich derzeit eine Arbeitsgruppe im Sozialministerium beschäftigt.

Die wichtigste Änderung, die das künftige Gleichbehandlungsgesetz schafft: Gab es bisher keinen Weg, im Falle einer Diskriminierung gerichtlich gegen den Täter vorzugehen, sollen Opfer im beruflichen Umfeld künftig die Möglichkeit einer zivilrechtlichen Schadenersatzklage haben. Dabei wird nicht nur ein möglicher materieller Verlust berücksichtigt, etwa wenn ein ausländischer Arbeitnehmer weniger Gehalt bekommt als ein gleich qualifizierter Inländer. Auch die erlittene Kränkung kann geltend gemacht werden.

Und auch dem, der nicht gleich vor den Kadi ziehen will, soll Gerechtigkeit widerfahren: Die im Frauenministerium bereits für Fälle von geschlechtsspezifischer Diskriminierung eingerichtete Gleichbehandlungskommission bekommt zwei zusätzliche Senate, die für die neuen Tatbestände zuständig sind. Sie sollen Gutachten erstellen und in konkreten Fällen eine Einigung zwischen den Parteien herbeiführen. Die Opfer können sich dabei von Mitgliedern einer Nicht-Regierungsorganisation (NGO) vertreten oder begleiten lassen.

Auch wenn das Gesetz nach großem Fortschritt auf dem Weg zu mehr Gerechtigkeit klingt, regt sich doch Kritik. So zeigt sich etwa Birgit Weyss vom Ludwig Boltzmann Institut für Menschenrechte im Gespräch mit der Furche alles andere als zufrieden mit dem Entwurf. Vor allem die fehlende Einbindung der NGOs in die Gleichbehandlungskommission stört sie: "Die EU-Richtlinie geht auf den sozialen Dialog zwischen NGOs und der Regierung ein, der ist im Entwurf überhaupt nicht gegeben." Auch das fehlende Verbandsklagerecht, bei dem eine NGO an Stelle eines Geschädigten gerichtlich einschreiten kann, bemängelt Weyss: "Viele Diskriminierungsopfer scheuen sich, ihr Recht geltend zu machen. Das Kostenrisiko ist zu hoch." Für Vereine wäre es aber im Kampf gegen Rassismus wichtig, prozessieren zu können. Weyss: "Es gibt kaum Judikatur zur Diskriminierung. Musterfälle würden dazu beitragen, dass die Rechtslage konkreter wird". Ebenso unglücklich ist sie mit der Beweislast-Verteilung im Verfahren. Zwar müsse das Opfer die Diskriminierung nur glaubhaft machen, die Richtlinie sehe aber vor, dass der mögliche Täter seine Unschuld beweisen müsse. Im Entwurf dagegen genügt es, wenn er sie ebenfalls nur glaubhaft machen kann.

Auch Vertreter von Homosexuellen-Verbänden sind gespalten in ihrer Meinung zur vorgesehenen Gleichbehandlung. Denn einerseits bringt sie im Berufsleben eine rechtliche Gleichstellung mit Heterosexuellen, die bisher rechtlich nicht durchsetzbar war. Andererseits ist auch der Zugang zu Sozialleistungen sowie zur Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen vom Verbot der Rassendiskriminierung betroffen. Nicht verboten ist in diesem Zusammenhang jedoch die Ungleichbehandlung aufgrund der sexuellen Orientierung. Bei der Suche nach einer Wohnung kann sich also etwa ein Schwarzafrikaner gegen Diskriminierung wehren, nicht aber ein Homosexueller.

Keine Schwulenwitze mehr

Kurt Krickler, Generalsekretär der HOSI (Homosexuelle Initiative) Wien, ärgert sich über diese Differenzierung: "Es ist natürlich grotesk, dass einzelne Gruppen beim Schutz vor Diskriminierung diskriminiert werden." Andererseits freut er sich, dass sich nun Homosexuelle keine Schwulenwitze mehr gefallen lassen müssen, dass sie ein einklagbares Recht auf die selben betrieblichen Leistungen wie Heterosexuelle haben und dass Mobbing verboten sein wird. Zweifel bleiben trotzdem: "Ob die Leute sich in Zeiten, in denen jeder um seinen Arbeitsplatz fürchtet, auch wirklich wehren, ist eine andere Frage."

Ebenso wie die, ob künftig "Nur Inländer"-Inserate, verboten sein werden. Dieter Schindlauer, Obmann des Anti-Rassismus-Vereines Zara, gibt zu bedenken, dass das neue Gesetz nicht auf das Merkmal der Staatsbürgerschaft abstelle. Allerdings, so der Jurist: "Wir haben genügend Fälle, in denen sich Leute mit österreichischem Pass auf ein solches Inserat hin beworben haben und den Job dann aufgrund ihrer ethnischen Herkunft nicht bekommen haben." Und das wird definitiv verboten sein. Claudia Feiertag

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