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Kampagne gegen die Ehe
Am 14. April wandten sich die Präsidenten der Rechtsanwalts-, der Notariatskammer und des Wiener Jugendgerichtshofes an die Öffentlichkeit: Die Ehe sei mit anderen Formen der Lebensgemeinschaft rechtlich gleichzustellen. Diese Forderung verfolge keine weltanschaulichen Ziele, wurde ergänzt.
Am 13. April wiederum trat Staatssekretärin Johanna Dohnal gegen eine generelle Erhöhung der Familienbeihilfe auf, wetterte gegen Förderungen, die das Land Vorarlberg Frauen gewährt, wenn sie bereit sind, nach Ablauf des Karenzjahres bei ihren Kindern zu bleiben. Das beschneide Mittel für Wichtigeres, nämlich
für Kindertagesheime. Sie verwarf auch Überlegungen von Vizekanzler Alois Mock, Schwangeren in Not finanziell beizustehen. Das sei ein Versuch, Frauen mit Geld von einem Schwangerschaftsabbruch abzuhalten (FURCHE 16/1988).
Am 6. April gab es weiters einen gemeinsamen Auftritt der Damen Dohnal, Freda Meissner-Blau, Klara Motter und Rosemarie Bauer. Thema: Vergewaltigung in der Ehe. Man sei sich über alle Parteien hinweg unter den Frauen einig, Vergewaltigung inr nerhalb und außerhalb der Ehe strafrechtlich gleichzustellen.
Und zuletzt: Anläßlich des internationalen Frauentages am 8. März verteilte die Katholische* Frauenbewegung des Vikariats Wien-Stadt ein Flugblatt, in dem sie ihre Sorgen wegen einer „Ideo-logisierung der Mutterrolle in Kirche und Gesellschaft“ äußert und sich gegen die „Diskriminierung der Teilfamilie zum Beispiel durch die Verankerung von Ehe und Familie in der Verfassung“ ausspricht.
Offen gestanden: Ich finde diese geballte Infragestellung von Ehe und Familie besorgniserregend, nicht weil damit eine altehrwürdige Institution in Bedrängnis gerät, sondern weil es hier um eine Grundfrage unseres Selbstverständnisses geht.
Die oben erwähnte Forderung, Ehe und informelle Lebensgemeinschaft gleichzustellen ist nämlich sehr wohl eine Frage der Weltanschauung. Damit wird Ehe zur Interessengemeinschaft auf Sympathiebasis, eine total private Angelegenheit. Das ist zu einseitig, denn Ehe bedeutet auch Verantwortung gegenüber anderen, etwa den Kindern, aber nicht nur diesen gegenüber.
Schon die Einführung des Zerrüttungsprinzips (auch der an der Ehezerrüttung Schuldige hat Anspruch auf Ehescheidung) nahm der Ehe ein wichtiges Element: Sie bietet keine Sicherheit. Man heiratet heute schon mit dem Hintergedanken: Wie sichere ich mich, wenn es schiefgeht? Nur: Wie soll eine Beziehung wachsen, wo nicht wirklich Vertrauen herrscht?
Eine Anpassung an Lebensgemeinschaften würde die Unsicherheit noch erhöhen, denn diese Form der Beziehungen ist noch
instabiler als heutige Ehen: 60 Prozent von ihnen überdauern zwei Jahre nicht, wie eine einschlägige Untersuchung zeigt.
So ist das eben heute, könnte man nun einwenden. Ja, aber ist es gut so?
Da ist zunächst das große Leid, das jedes Scheitern einer Beziehung bereitet — vor allem auch den Kindern (jährlich 16.000 Scheidungswaisen). Wäre es da nicht ein Anliegen, auch von Seiten des Staates zum besseren Gelingen des Zusammenlebens beizutragen?
Ich weiß schon: Harmonie kann man nicht gesetzlich verordnen. Aber einiges wäre schon möglich: Ausgiebig in Ehevorbereitung und -beratung investieren; statt die Trennung zu erleichtern, das Beisammenbleiben abzustützen; und vor allem: Schluß mit der Demolierung des Ansehens der Ehe und der Familie!
Damit ist das Thema Vergewaltigung in der Ehe angeschnitten. Das gibt es fraglos, und es ist verabscheuungs-würdig. Schon jetzt wird solches als „Nötigung“ vom Gesetz mit einem Höchstmaß von einem Jahr bestraft. Reicht das nicht?
Nein, meint Dohnal, „Gewalt an Ehefrauen soll nicht privilegiert werden“. Strengere Strafen sollen Bewußtsein unter den Männern schaffen.
Wie soll man so ein Argument jemandem abkaufen, der in Sachen Abtreibung genau das Gegenteil vertritt: Strafe halte niemanden von der Abtreibung ab? Und außerdem: 1986 gab es insgesamt 47 Verurteilungen wegen Vergewaltigung.
Liegt da nicht die Vermutung nahe, man male am Image „Ehe als Schlachtfeld“, wie kürzlich die AZ schrieb: „Immerhin werden in Österreichs Ehen mehr Menschen durch Tätlichkeiten schwer verletzt als in den übelsten Kaschemmen ... Und man darf
wohl annehmen, daß auch die Vergewaltigungen im Ehebett jene weit übersteigen, die in dunklen Parks verübt werden.“
„Tatort Familie“ heißt es im „profü“, wo der Eindruck erweckt wird, der sexuelle Mißbrauch von Töchtern durch ihre Väter sei eine Massenerscheinung.
Noch einmal: Alle diese Katastrophen gibt es. Aber sie gehen nicht auf das Konto von Ehe und
Familie, sondern auf das Konto all jener, die das Vertrauensverhältnis, das dort herrschen sollte, mißbrauchen.
Der Ansatz zu einer Besserung liegt beim Menschen, nicht bei der Institution. Ihm muß man Mut machen, ihn muß man charakterlich aufrüsten, vertrauenswürdig machen. Positive Maßnahmen — unterstützt von einer Verfassungsverankerung von Ehe und Familie - sind gefragt, nicht wei-
teres Miesmachen.
Ist es da nicht endlich Zeit, die alten familienfeindlichen Klischees an den Nagel zu hängen und zu entdecken, daß jeder von uns eine unausrottbare Sehnsucht nach Geborgenheit hat, deren bester Nährboden die Familie ist?
In sie zu investieren zahlt sich aus, wie Gertrud Köhler in „Die Zukunftsgesellschaft“ schreibt: „Kinder fordern nicht Moral von uns, sie erzeugen sie in uns...“
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