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Die Koalition im Ehe-Streit

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Laut Arbeitsübereinkommen von SPÖ und ÖVP soll der Schutz von Ehe und Familie in der Verfassung verankert werden. An der Frage des Wie scheiden sich die Geister.

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Laut Arbeitsübereinkommen von SPÖ und ÖVP soll der Schutz von Ehe und Familie in der Verfassung verankert werden. An der Frage des Wie scheiden sich die Geister.

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Erst als sich die jetzt regierende Koalition darauf „einigte“, die Familie in den Verfassungsrang zu erheben, lebte die Diskussion darüber auf. Paradoxerweise — oder sollte man sagen: typisch ko-alitionär - löste diese „Einigung“ erst den Streit aus. Es zeigte sich nämlich, daß die Vorstellungen von dem, was „Familie“ ist, sehr unterschiedlich sein können.

Während die einen darunter die „auf der gesetzmäßig geschlossenen Ehe basierende Familie“ (so die Definition im Vorschlag des Katholischen Familienverbandes Österreichs) verstehen, meinen andere, unter den Familienbegriff falle „alles, wo sich ein Mensch zu einem Kind bekennt“ (Familienministerin Marilies Flemming — ÖVP! - in der TV-Sendung „Mütter“ am 8. Juni 1987).

Letztere Vorstellung von Familie liegt in etwa auch dem jüngst präsentierten Entwurf der SPÖ-Fraktion der Grundrechtskommission zugrunde.

Nach dem derzeitigen Stand der Diskussion scheint zwar Einigkeit über die Schutz- und Förderungs-würdigkeit(-bedürftigkeit) der Eltern-Kind-Beziehung zu herrschen, nicht aber darüber, wie wünschenswert gleichzeitig eine, dauerhafte Beziehung zwischen den Eltern des Kindes ist.

Die Diskussion geht also in Wahrheit darum, ob die Ehe gegenüber anderen Formen des Zu-sammen-(Allein-)lebens für das Gedeihen unseres Staatswesens von Wichtigkeit ist. Nur dann, wenn dies zutrifft, ist es legitim, aber auch zwingend erforderlich, für ihren Schutz und ihre Förderung Sorge zu tragen. Dabei geht es entgegen immer wieder vorgebrachten Unterstellungen nicht darum, Menschen, die diese Form des Zusammenlebens nicht leben (wollen), zu diskriminieren, sondern darum, jenen, die diese Form gewählt haben, die nötige Hilfe für ein von vor allem äußeren Störungen und Zwängen freies Familienleben zu gewähren.

Die Chance, diese Grundsatzdiskussion zu führen, darf nicht versäumt oder gar eines verwaschenen Kompromisses wegen unterdrückt werden. Gefragt sind allerdings nicht inhaltsleere Schlagworte aus der ideologischen Mottenkiste, sondern sachliche (wenn auch nicht unbedingt wertfreie!) Argumente.

In einer Zeit, in der sich die Wissenschaft anschickt, im Wege von Samenbanken und Leihmüttern das Kind zum Konsumartikel zu reduzieren, muß die Gesellschaft wissen, ob es ihr wirklich gleichgültig ist, in welchen „familiären“ Beziehungen Kinder aufwachsen.

Es geht aber nicht nur um die Kinder. Auch den Erwachsenen bietet die Rechtsordnung bei Behandlung ihrer Beziehungen untereinander — zu ihrem Nachteil — ein recht ambivalentes Bild. Gemeint ist die Haltung gegenüber den sogenannten nicht-ehelichen Lebensgemeinschaften.

Der diesbezüglich durch keine Verfassungsnorm gebundene Gesetzgeber nimmt zwar verbal für sich in Anspruch, nicht den Schutz von Ehe und Familie untergraben zu wollen, schafft aber fortlaufend Regelungen, die die nicht-ehelichen Lebensgemeinschaften zumindest punktuell privilegieren, ohne allerdings diese Form des Zusammenlebens umfassend zu regeln.

Das führt dazu, daß viele in Lebensgemeinschaft lebende Personen im Hinblick auf die zahlreichen Gleichstellungen von Lebensgemeinschaft und Ehe, insbesondere im öffentlichen Recht, darauf vertrauen, einen ähnlichen „Ehe minderen Rechts“ ihren Platz in der Rechtsordnung finden würde. Eine solche Lösung scheint allerdings schon deshalb zum Scheitern verurteilt zu sein, weil sie mit dem Wesen der nichtehelichen Lebensgemeinschaft in diametralem Gegensatz stünde, ist eine solche Beziehung doch gerade von dem Willen der Partner geprägt, jegliche rechtliche Bindung zu vermeiden.zivilrechtlichen Schutz zu genießen wie Eheleute.

Tatsächlich versagt ihnen das Zivilrecht aber im Fall der Krise jede Hilfe, was — wie immer in solchen Fällen— zur Katastrophe für den wirtschaftlich schwächeren Teil führen muß. Dieser Zustand wird — wie die Praxis zeigt — mit der zunehmenden Zahl solcher nicht-ehelichen Lebensgemeinschaften immer unhaltbarer.

Die zur Diskussion stehende Entscheidung über einen verfassungsrechtlichen Schutz von Ehe und Familie hängt daher wesentlich auch davon ab, ob man auch den Partnern einer nicht-ehelichen Lebensgemeinschaft zumindest für den Fall der Auflösung ihrer Beziehung (Trennung oder Tod) gegenseitige Rechte und Pflichten einräumen will.

Es darf aber nicht übersehen werden, daß damit die nicht-eheliche Lebensgemeinschaft als eine

Will man den Weg der Verrecht-lichung der nicht-ehelichen Lebensgemeinschaft nicht gehen, so wird es notwendig sein, die Rechtsordnung in allen ihren Teilbereichen so zu gestalten, daß sie nicht ein Vertrauen auf ein „Rechtsinstitut“ erweckt, das dieses dann keinesfalls zu rechtfertigen vermag. Die Aufnahme von Ehe und Familie in die Verfassung wäre hiezu ein wichtiger erster Schritt.

Der Autor ist Rechtsexperte des Katholischen Familienverbandes Österreichs.

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