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Neue Regeln für den Wettbewerb

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Seit Ende Juli gibt es eine Reihe wichtiger Neuerungen im heimischen Wettbewerbsrecht. Damit wurde ein bedeutender Schritt in Richtung Voranpassung an die EG getan.

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Seit Ende Juli gibt es eine Reihe wichtiger Neuerungen im heimischen Wettbewerbsrecht. Damit wurde ein bedeutender Schritt in Richtung Voranpassung an die EG getan.

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Mit 30. Juli sind wichtige Änderungen im österreichischen Wettbewerbsrecht in Kraft getreten. Die Novellen des Nahversor-gungsgesetzes, des Rabattgesetzes und des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) sind eigentlich ein Nebenprodukt der seit 1984 laufenden Bemühungen um die Erarbeitung eines neuen Kartellgesetzes und sollten ursprünglich auch gleichzeitig mit dem Kartellgesetz 1988 in Kraft treten. Die Arbeitnehmerseite hat in den Kartellgesetzverhandlungen deutlich gemacht, daß sie ohne Änderungen im Rabattgesetz und im UWG dem neuen Kartellgesetz wie auch der Novelle zum Nahversorgungsgesetz nicht zustimmen würde: im Arbeitsübereinkommen der Regierungsparteien sind derartige Vorhaben nicht enthalten. Konkret wurde die Aufhebung des Rabattgesetzes und die Zulässigkeit der vergleichenden Preiswerbung verlangt.

Diese beiden Anliegen haben dann die Auseinandersetzungen der Wettbewerbsdiskussion bestimmt, vor allem die vergleichende Preiswerbung wurde zur Fahnenfrage freier Verbände von Industrie und Handel und zum Kampagnethema einer Fachzeitschrift des Handels.

Zu den einzelnen Änderungen:

Nahversorgungsgesetz (NVG): Bisher gab es ein gesetzliches Verbot des Verkaufes unter dem Einstandspreis nur für bestimmte Nahrungsmittel (wie Milch, Mehl, Zucker, Schwarzbrot, vorverpacktes Fleisch), durch Verordnung des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten konnte die Liste erweitert werden (was bei Hühnereiern, Bier, Frischfleisch und Geflügel auch erfolgte). Das generelle Verbot des Verkaufs unter dem Einstandspreis war ein ständiges Anliegen vor allem des Kleinhandels. Es wurde in den letzten Jahren vor allem deshalb aktuell, weil expandierende Handelsunternehmen mit Produkten, die nur einen geringen Teil ihres Umsatzes ausmachten, Preisschlachten begannen, die den jeweiligen Fachhandel, der vom Verkauf gerade dieser Produkte überwiegend lebte, in existentielle Gefahren brachte: der Schallplattenmarkt lieferte eines der Beispiele.

Die Neuregelung ist nicht unumstritten gewesen, weil im allgemeinen Verbot durchaus ein Instrument gesehen werden kann, welches den Preiswettbewerb nach unten eingrenzt und darüber hinaus bei seiner Beachtung Druck auf Konditionenanpassung bei Erzeugern und Importeuren auslösen kann: wenn etwa Handelsunternehmen mit bekannt niederen Aufschlägen bei bestimmten Artikeln das Preisniveau vorgeben, beginnt der Druck vor allem der großen Mitbewer-

„ Preisschlachten brachten den Fachhandel in Schwierigkeiten“ ber auf Konditionenverbesserung, um den Preis mithalten zu können, beziehungsweise beginnen die Vermutungen von kleineren Händlern über die (aus ihrer Sicht ungerechtfertigt) weite Spreizung von Konditionen.

In der Bundesrepublik sind die Mittelstandspolitiker von CDU und CSU mit ihrem Wunsch nach einer gleichartigen Regelung im Rahmen der Vorbereitung einer fünften Kartellgesetznovelle gescheitert.

Mit der Einführung des generellen Verbotes ist die bisherige Verordnungsermächtigung für die Ausweitung des Geltungsbereiches des Verbotes überflüssig geworden, auch der sozialpartnerschaftlich besetzte Nahversor-gungsbeirat entfällt.

Die zweite wichtige Änderung im NVG betrifft das Klagerecht. Während bisher lediglich die Finanzprokuratur, die Bundeswirtschaftskammer, die Präsidentenkonferenz der Landwirtschaftskammern und der Arbeiterkammertag klagsberechtigt waren, wird dieses Recht auf freie Verbände ausgedehnt, bei denen eine nach dem Handelskammergesetz, Arbeiterkammergesetz oder Landwirtschaftskammergesetz errichtete öffentliche Körperschaft Mitglied ist. Das heißt im Klartext, daß zum Beispiel ein Verein zur Förderung von wirtschaftlichen Interessen von Unternehmern, in dem ein Bundesgremium mitwirkt, Verfahren einleiten kann. Freilich ist es ein unglaublicher Mangel, daß es betroffenen Unternehmern nach wie vor verwehrt ist, selbst das Kartellgericht anzurufen.

Rabattgesetz: Nur die Bundesrepublik und Österreich kennen rabattgesetzliche Regelungen. Im wirtschaftlichen Alltag gibt es wohl keine Norm (allenfalls die Straßenverkehrsordnung), die täglich so oft übertreten wird wie die Rabattvorschriften. Beim hohen Standard der österreichischen Preisauszeichnung war es jedoch nicht empfehlenswert, einen Rabattwettbewerb zu forcieren, der transparente Preise ad absurdum führt und Mondpreissituationen bewirkt. Daher wird dem Rabattgesetz durch die Novelle die Schärfe der Sanktionen genommen: Verstöße sind nicht mehr gerichtlich zu verfolgen, sondern wurden bloße Verwaltungsübertretungen, der Durchsetzungsweg über das UWG wird auf Fälle eingeschränkt, in denen

„Dem Rabattgesetz wird die Schärfe der Sanktionen genommen“ mit unzulässigen Rabatten öffentlich geworben wird.

Weiters wird klargestellt, daß entgegen der bisherigen Judikatur ein einer Person gewährter Rabatt nicht generell gegeben werden muß. Schließlich wird der Gebrauch von sogenannten Einkaufskarten eingeschränkt.

Die vorliegende Novelle bedeutet, daß der Gesetzgeber signalisiert, daß ihm die Durchsetzung dieser Norm kein besonderes Anliegen ist. Die Tätigkeit der von Konkurrenten ausgesandten Testkäufer wird entscheidend eingeengt, weil die Drohung mit der teuren Unterlassungsklage nach dem UWG wegfällt.

Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG): Die am meisten umstrittene Materie war die Frage, ob und inwieweit vergleichende Preiswerbung zulässig sein sollte. Die bisherige Judikatur stand — wenn auch zum Teil unterschiedlich kommentiert — auf dem Standpunkt, daß vergleichende Preiswerbung unzulässig

„Künftig soll vergleichende Preiswerbung zulässig sein“ ist, weil sie gegen die Paragraphen eins und zwei des UWG verstößt. Ein ausdrückliches Verbot bestand aber nicht. Auffallend ist die Haltung der österreichischen Gerichte, die im vergleichenden Anführen von Mitbewerbern bereits grundsätzlich eine Herabsetzung desselben zu sehen geneigt sind.

Künftig soll vergleichende Preiswerbung zulässig sein, so-ferne sie nicht sittenwidrig und herabsetzend ist (also nicht gegen obige Paragraphen verstößt). Der Judikatur wird ein Signal dahin gegeben, daß die vergleichende Preiswerbung nicht schon per se unzulässig ist.

Die weitreichenden Änderungen des Kartellgesetzes 1988 werden im September im Justizausschuß behandelt. Aber eines kann schon bei Beurteilung der vorliegenden Änderungen gesagt werden: das österreichische Wettbewerbsrecht hat begonnen, sich von einem Schutzrecht für Mitbewerber zu einem Schutz für den Wettbewerb zu entwickeln. Damit wird ein unvermeidlicher Schritt in der Voranpassung an die EG getan, in der der Wettbewerb ja die entscheidende Rolle bei der Integration der nationalen Volkswirtschaften zu einem gemeinsamen Markt spielt.

Der Autor ist Leiter der Wirtschaftspolitischen Abteilung der Bundeskammer der gewerblichen Wirtschaft

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