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Der Wink mit dem Zaunpfahl

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Vor den Mai-Unruhen des Jahres 1967 war dies ein rein akademisches Diskussionsthema zum Tratschen in den Teehäusern oder Cafės. Aber nach den Ereignissen ist dieses Problem plötzlich aktuell geworden. Die Drohung Chinas erregte bei den Hongkonger Chinesen bereits einen Gedanken des „Leben und Tod mit Hongkong zusammen“. Die Hongkonger Regierung hat nun auch schon erfahren, daß die Sicherheit Hongkongs ganz von der Unterstützung der chinesischen Bevölkerung abhängig ist, besonders, nachdem

London seine Präsenz östlich von Suez beenden wilL Während einer Versammlung des „Tages der Kai- fong“ (Kaifong ist die autonome Organisation der Einwohner Hongkongs, wie etwa die Gemeindebezirke) sagte der Gouverneur, daß diese Organisation verstärkt und vergrößert werden müsse. Dies ist ein Hinweis auf ein selbständiges Hongkong. Deshalb opponierten die pro-chinesisch-kommunistischen Zeitungen Hongkongs Ende 1967 sehr heftig gegen jene „Hongkong-Woche“. Di« britische Hongkonger Regierung wird beschuldigt, dadurch ein Hongkonger „Nationalbewußtsein“ zu propagieren und die Absicht zu hegen, in Hinkunft einen unabhängigen Hongkong-Staat zu gründen.

Die Rolle Englands

Die Möglichkeit eines solchen Hongkong-Staates wird aktuell sein, wenn Peking Hongkong einerseits weiter drohen und anderseits die Kronkolonie doch noch nicht „zurückerobern“ will. Weil unter einer solchen Drohung Chinesen und Engländer in Hongkong ein gemein-

sames Interesse fühlen, so daß sie zur Selbsthilfe möglichst einen unabhängigen Staat Hongkong — wenn er auch weiterhin im Commonwealth bleiben wird — gründen wollen. Das Zeitalter des Kolonialismus ist vorbei. Wenn Hongkong in der Staatengemeinschaft der Welt wirklich ein gleichberechtigtes Mitglied sein und seine Wirtschaftslage dadurch verbessern will, kann nur die Unabhängigkeit als einziger Ausweg betrachtet werden.

Natürlich hängt die Unabhängigkeit Hongkongs auch nicht wenig von der künftigen Haltung Pekings ab. Ob die Machthaber Chinas wegen der „verräterischen Handlung“ der Hongkonger Chinesen diese Kolonie sofort „befreien“ wollen? Allerdings müssen eine mögliche Unterstützung der UNO und der Schutz der USA von Peking in Betracht gezogen werden. Vielleicht wird Peking Hongkong doch weiter in Ruhe lassen, denn diese Kolonie ist mm die einzige Quelle, wo Peking noch Devisen gewinnen kann.

Unsere Tabelle zeigt, daß Hongkong doch für die Wirtschaft Chinas von großer Bedeutung ist. Peking wird möglicherweise auch deshalb ein unabhängiges Hongkong dulden. Ob di« Hongkonger die Unabhängigkeit wollen oder nicht, sie müssen eben gegen den Drude Pekings kämpfen.

Wenn die Drohung Pekfcigs zu groß und unerträglich wird, bleibt dann für die Hongkonger auch nichts anderes übrig, als den Weg ihrer Rassengenossen in Singapur zu wählen — Unabhängigkeit.

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