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Bei einem großen Herrn...

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Jahrelang figurierte Schloß Riegersburg bei Retz als besonders problematischer Belastungsposten auf dem langen Sorgenkonto der Denkmalpfleger. Wohl erschienen immer wieder warnende Zeitungsberichte, aber mit Druckerschwärze und mahnenden Worten allein festigt man kein bröckelndes Mauerwerk, deckt man kein Dach. Verfall, Verödung und Wildwuchs spannen den großen Barockpalast und den Park in die Melancholie des Schlössersterbens ein.

Die Rettung erfolgte schließlich in „Gemeinschaftsproduktion“ von Besitzer (dem Geschlecht Kheven-hüller-Metsch), Bund und Land. Während der durchgreifenden Restaurierung förderte die junge Wiener Kunsthistorikern! Dr. Hanna Dornik-Eger neue Forschungsergebnisse zutage. Bisher schrieb die Kunstgeschichte Schloß Riegersburg dem jüngeren Fischer von Erlach, Joseph Emanuel, zu. Aufgefundene Archivalien weisen jedoch auf die Urheberschaft Lukas von Hildebrandts hin. Die eindeutige Klärung steht noch zu erwarten.

Wie bereits bei anderen Schlössern Niedierösterreichs bot sich auch in Riegersburg die Einrichtung als prägnant programmiertes Museum eines bestimmten kulturellen Teilgebietes an. In diesem Fall eine Dauerausstellung: „Adelige Wohnkultur des 18. Jahrhunderts“. Das österreichische Museum für angewandte Kunst übernahm die Ausgestaltung einer Flucht von Repräsentationsräumen. (Die kostbare Originaleinrichrtung war 1945 verschwunden.) Konzept: Dr. Franz Windischgraetz, Leitgedanke: einfühlend den Landsitz eines großen Herrn aus der theresianischen und josephinischen Epoche zu rekonstruieren. Das ist eigentlich eine sehr österreichische, spielerische Idee, sie hat etwas vom Geist Hofmannsthals und Max Reinhardt. Nicht von ungefähr zieht man rein intuitiv Vergleiche mit Schloß Leopoldskron.

Viele der Exposita — hohes Lob den Möbelrestauratoren! — stammen aus kaiserlichen Schlössern, manche aber aus Frankreich oder aus Venedig, wie sie eben ein großer Herr von seinen Bildungsreisen mitgebracht oder bei fremden Meistern bestellt haben könnte. Das wertvollste und originellste Objekt ist wohl jenes mit gemustertem indischem

Chintz bezogene Sofa aus dem Besitz des Prinzen Eugen. Der Überlieferung nach soll der Stoff aus der Türkenbeute von Zenta stammen. Zu den gehobenen Depotschätzen gehört auch eine zauberhafte chinesische Papiertapete. Als Wandbespannung eines Raumes offenbart sie einen der Wesenszüge des 18. Jahrhunderts — die Vorliebe für die Chinoiserie, das märchenhaft Exotische.

Hier wurde nicht nur eine großzügige, bedeutende barocke Anlage vor dem Verfall gerettet und nach kluger, phantasievoller Planung ein Museum eingerichtet. Schloß Riegers-burg hat seinen Genius Loci wiedergefunden.

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