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Der Griff nach dem Osten

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Albanien soll der erste Scientologen-Staat werden. Das erhoffen die Leiter der von Ron Hubbard gegründeten „Scientology Church".

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Albanien soll der erste Scientologen-Staat werden. Das erhoffen die Leiter der von Ron Hubbard gegründeten „Scientology Church".

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Scientology, die Gründung des Amerikaners Ron Hubbard nennt sich zwar Kirche, doch das deutsche Bundesamt für Verfassungsschutz stellte in einem Bericht lapidar fest: Die Scientologen nennen sich zwar Kirche, haben aber mit Religion nichts zu tun.

„Dank" der sozialistischen „Gott ist tot"-Praxis und des Glaubenssatzes, daß Religion „Opium des Volkes" ist, entstand in den bisher soziahstischen Staaten ein Vakuum, in das neue religiöse Gruppen vorstoßen. Das beginnt bei klassischen „Sekten" wie den Zeugen Jehovas und Adventisten und reicht zu neuen Organisationen, oft fälschlich auch Jugendreligionen genannt, wie Scientologen, Mun-Annänger und vielen anderen mehr.

Für Albanien ist es ein solventer bayerischer Geschäftsmann, Gerhard Haag, der das Land für „Scientology" gewinnen will. Durch ihn erhielt die Universität.in Tirana die erste deutschsprachige Literatur und

dies „tonnenweise": deutsche Texte Ron Hubbards. Haag kaufte ein altes Hotel, das jetzt umgebaut wird. Die Scientologen können dies, sie verfügen über viel Geld und über Wirt-schaftsuntemehmen in mehr als 30 Ländern. Allein in Deutschland wird ihr Jahresumsatz auf 150 Millionen bis eine Milliarde Mark geschätzt.

In den heutigen Staaten der ehe-mahgen Sowjetunion, im Baltikiun und in anderen Ländern des ehemaligen Ostblocks sind zahlreiche religiöse Organisationen, „Sekten" und „Kirchen" unterschiedhchster Art, unterwegs.

Selbst Gruppen, die im Westen heute nur nocn selten auftreten, wie die Krishna-Bewegung, suchen dort fruchtbaren Boden - und sie fmden ihn. Während die Christen sich bei der Reevangelisierung selbst blockieren, einander des Proselytis-mus bezichtigen, können Sekten frei schalten und walten.

Was aber versprechen diese neuen Gruppen den Menschen? Am Beispiel der Scientologen soll dies verdeutlicht werden. Die Ihre des 1986 verstorbenen Ron Hubbard ist ein diffuses Gemisch aus Science-fiction und Psychologie, gewürzt mit ein wenig Okkultismus und Ge-heimbund-Krämerei.

Damit dies alles auch wirksam werden kann, werden die Anhänger geläutert. Sie werden einem Intensiv-Verhör unterzogen und an einen „E-Meter" angeschlossen. Diese Prozedur soll sie immun machen gegen atomare Strahlen, Homosexualität, Arthritis und viele weitere zivilisatorische Zeiterscheinungen. Und all dies kostet die Klienten auch noch viel Geld.

Doch nicht niu- im Osten sind die neuen „Propheten" aktiv, auch direkt vor der Haustüre, zum Beispiel auf Schloß Rannariedl im Mühlviertel. Hier residiert die „Lichtoase".

Hinter den dicken Schloßmauern treiben die Miglieder einen „Psy-chokult" und orientieren sich an den Weisungen eines Geistwesens namens „Ram-tha", das sich über das Medium Julie Ravel mitteilt.

Zu den sogenannten klassischen Sekten zählen die Zeugen Jehovas. Ihre Anhänger werden immer jünger, und es fällt auf, daß viele von ihnen Gastarbeiter sind.

Und was für Mittel- und Osteuropa gilt, trifft auch für den lateinamerikanischen Kontinent zu. Hier finden neue religiöse Gruppierungen ein Feld vor, das leicht zu erobern ist.

Gegen die Sekten gibt es kėih Patentrezept. Oft treibt das rehgiöse Vakuum Menschen in die Sekten, und vielen fehlen glaubhafte Antworten der Kirchen auf ihre Fragen. Nicht zufriedene und glückliche Menschen gehen verlustig, sondern die ratlosen und umherirrenden.

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